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Wie viele Autos und Immobilienhaie braucht eine Insel ?

Von O Amorgios

Es wird mal wieder Zeit, meine griechische rosa Urlaubsbrille auszuziehen und sich über eingeschlichene, mittlerweile als „normal“ angesehene Unsitten auszulassen. Ich nehme nur Naxos und Paros als Beispiele ständig wachsenden Verkehrs und der wilde Bauboom.

Wie viele Autos braucht eine Insel? So viele wie Erwachsene hier leben. Warum soll man den Inselgriechen nicht gleiches Recht zubilligen wie uns „Resteuropäer“? Für schnell mal ins nächste Geschäft einkaufen zu fahren, oder am nächsten Periptero sich mit Zigaretten zu versorgen, würde doch ein Klein- oder Mittelklassewagen reichen. Der Bauer braucht seinen Pickup und der Kleinunternehmer seinen Kleinlastwagen. Aber immer mehr machen sich die spritfressenden Protzwagen wie Cayenne, Cerokee, X5, Range Rover, Discovery oder GLK breit (auch ein Hummer ist schon gesichtet worden). Man will ja zeigen was man hat, ohne sich zu fragen ob man das wirklich braucht.

Paros zum Beispiel hat nur eine Straße um die Insel, die in 3 Stunden gemütlich umrundet ist, plus der Abstecher über den Berg nach Lefkes. Sollte solch ein Vehikel mal in ein paar Jahren am Straßenrand vor sich hin rosten, ist seine Tachonadel bestimmt noch nie über die 100Km/H Marke hinaus gesprungen. Ähnlich sieht es auf Naxos aus, wobei diese Insel schon ein paar Straßenkilometer mehr aufzuweisen hat. Der Unterschied zu Paros ist, das Naxos Chora allmählich im Verkehr erstickt.

Beide Inseln haben aber eines gemeinsam, das die Straßenqualität nicht mithalten kann und an manchen Stellen zwei PKW’s dieser Bauart nicht aneinander vorbei kommen. Obwohl sie in einem Offroader sitzen, möchte niemand zum Ausweichen den Asphaltbelag verlassen. Der Höhepunkt wird in den Sommermonaten, sprich griechische Ferienzeit, erreicht, wenn die protzbedürftigen Athener mit ihren dicken Karren die Inseln überfluten.

Wie viele Immobilienhaie braucht eine Insel? So viele bis auch das letzte Grundstück bebaut ist. Irgendwann wird es auf den attraktiven Inseln wie Naxos, Paros, Mykonos u.s.w. kaum noch Ackerland und Grünflächen geben, da alles zugebaut wird. Jedes Jahr entstehen neue Betonburgen. Wo letztes Jahr noch ein Betongerippe stand, erstrahlt dieses Jahr eine Pension, Ferien- und Hotelanlage oder auch nur ein Privathaus in grellem Weiß. In der Bucht von Paroikia auf Paros und rund um Naoussa, um nur zwei Beispiele zu nennen, wird kräftig gebaut und auf zahlungskräftige Käufer spekuliert.

Zahlungskräftig, da heute eine Immobilie auf den Inseln für Normalbürger kaum noch zu bezahlen ist. Auf Naxos wird die Landschaft entlang dem Strand bis Plaka allmählich zu gebaut. Weiter im Süden hat man schnell die Schönheit der Landschaft um Aliko erkannt und angefangen Häuser im Inselstil zu errichten. Schaut man sich die Fensteraushänge der Immobilienbüros in Chora an, bleibt einem doch glatt die Spucke weg. Einhunderttausend für eine Ruine, fünfhunderttausend für ein „normales Haus“ und nach oben hin offene Millionenbeträge für komfortablere Häuser und Villen. Wohl denen, die sich in den 90er Jahren hier was aufgebaut hatten.

In Büchern und in Filmdokumentationen wird immer wieder darauf hingewiesen, das die Kykladen nach Wasser dürsten, das die Landwirtschaft so ihre Probleme hat weil der Grundwasserspiegel sinkt, das die Energieversorgung öfters an ihre Grenzen stößt. Diese Bücher müssen umgeschrieben werden, denn hier wird so viel Wasser verschwendet, ob für den Bau oder den wachsenden Tourismus, das dies alles nicht wahr sein kann. Mit Trinkwasser werden in aller Öffentlichkeit Autos gewaschen und keiner sagt: Sei mal sparsam mit dem „wertvollen“ Nass. In Naoussa fließt der kleine Süßwasserbach ins Meer – wieso? Hat Paros Wasser im Überfluß ?

Es gibt kaum noch Häuser ohne Klimaanlage und diese laufen oft rund um die Uhr. In meiner Fantasie höre ich die Dieselaggregate nördlich von Naoussa bei ihrer Schwerstarbeit schnaufen. Die Kapazitäten gehen allmählich zur Neige. In der Ägäis werden Pläne zur Nutzung der Windenergie langsam in die Tat umgesetzt. Auf Euboea und Kreta u.A. stehen sie schon, weithin sichtbar. Aber, man höre und staune, auf einmal macht man sich Gedanken: wie sieht solch ein Windpark wohl aus, verschandelt es nicht die typisch griechische Inselwelt. Anstatt kleiner Kubenhäuser stehen nun hellweiße Windradtürme in der Landschaft rum.

Kein Kommunalpolitiker will der Ausbeutung und Verschwendung von Ressourcen Einhalt gebieten, denn jeder verdient ja ein „Wenig“ daran. Wenn dann irgendwann nix mehr geht, dann ist das Geschrei wieder groß. Das waren so die Punkte, die mir auf meiner letzten Kykladentour aufgefallen sind. Auch ich bin einer der die rosa Brille auf hat, aber ab und zu sie mal zum Putzen ausziehen muss. Ich erwarte an dieser Stelle Kritiken, Zusprüche und Widersprüche und würde mich über eine rege Diskussion und Beteiligung freuen.

Geschrieben 11.07.2008, Geändert 12.07.2008, 2392 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von Nick the Greek vom 11.11.2008 11:20:09

Dieses Problem ist überall und lange bekannt - wird aber nicht wirklich angegangen. Nur noch ein "letztes" Objekt hier und da, denn es bringt ja Geld in die Gemeindekasse, sorgt für Arbeitsplätze, bringt Wohlstand...

Leider nur solange bis irgendwann das Fass überläuft und zerbricht. Wenn alles runinier ist oder zuviele Häuser einem kleiner werdenden Andrang gegenüberstehen, sinken die Miet- oder Verkaufspreise. Vielleicht nicht sofort, aber mit den Jahren.

Das ist aber dennoch kein naxisches oder kykladisches Problem und auch kein Griechisches, sondern gilt für alle Urlaubsregionen rund ums Mittelmeer, bzw. noch weiter. Bauen, bauen, bauen - für immer weniger Menschen wird immer mehr bebaut...

Die Straßen, der Energie- und Wasserverbrauch und Umweltzerstörungen werden immer mehr. Ein typisches Beispiel für kurzfristiges Handeln...


Kommentar von MargaritaM vom 16.07.2008 08:52:02

Hallo Frank,

da hast Du Dir aber etwas von der Seele geschrieben, was viele von uns wohl ebenso beschäftigt. Der Bauboom auf den touristisch hoch erschlossenen Inseln ist ungebrochen. Ich diskutiere dieses Thema mit griechischen Freunden schon seit Jahren. Und es gibt auch Menschen die erkennen, dass sie ihre Insel, die Zukunft ihrer Kinder und Enkel, gefährden. Aber auf die hört z. Z. kaum einer. Beziehungen werden ausgenutzt und viele halten die Hand auf, jeder will etwas vom großen Kuchen abhaben.
Und ein dickes Auto ist dort genau wie bei uns ein Prestigeobjekt.

Und wie bekommt man es in die Köpfe der Griechen, dass man mit den Ressourcen haushalten muss und auch kann? Eine Freundin von mir ist Lehrerin. Als sie noch ein Kind war, war es für sie selbst- verständlich, dass sie ihr Eispapier einfach über die Mauer an der Kaldera warf, bis ich ihr erklärte, was sie damit ihrer schönen Heimat antut. Heute ist sie eine engagierte Lehrerin, die ihren Schülern beibringt die Heimat zu schützen. Ich bin der Meinung, dass man über die Kinder viel erreichen kann, sicherlich nicht bei allen, aber doch bei einigen.
Außerdem können wir Griechenlandliebhaber auch etwas dafür tun, zwar nur im Kleinen, aber steter Tropfen höhlt den Stein. Wenn ich die Möglichkeit habe, spreche ich Probleme vor Ort direkt an, rede mit den Menschen und gehe auch schon mal ins Rathaus um dort meinen Unwillen kund zu tun. Obwohl ich weiß, dass ich dann belächelt werde und es wahrscheinlich nichts bringt. Aber Schweigen bringt noch weniger!!!
Auch die entstehenden Kosten werden letztlich ja wieder auf uns "umgelegt". Mir ist dieses Jahr aufge- fallen, dass extrem wenig Touristen auf den Inseln - von Santorini wegen der Kreuzfahrer einmal abgesehen - waren. Auch dieses Thema habe ich mit Zimmervermietern und Tavernenbesitzern diskutiert. Die einhellige Meinung war: Griechenland wird zu teuer! Bauboom und Autos wollen schließlich finanziert werden.
Und da ich die Zerstörung von Landschaft und Ressourcen sowie überteuerte Preise nicht einfach hinnehmen will, rede ich. Selbst wenn ich belächelt werde.
Ich würde mich freuen, wenn noch mehr von Euch ebenso denken und den Mund aufmachen würden.
Denn auch unsere Kinder und Enkel sollen später sagen: Ich bin Griechenlandliebhaber!!!!!!!!!!!!

Na imaste kalà
Margarita


Kommentar von Wygnus vom 13.07.2008 10:43:13

Zuspruch. Auch Antiparos wird immer mehr zugebaut. Und einige spekulieren wohl darauf das nach Tom Hanks noch viele andere Prominente und Reiche auf die Insel kommen. So soll es in diesem Jahr schon die ersten Luxusboutiquen geben...