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Unverfälschtes Karpathos

Von christin

Bislang vom Massentourismus verschont erhält der Reisende auf der wilden Insel Karpathos noch heute lebendige Eindrücke von althergebrachten Traditionen und Brauchtum, wie man es in anderen Regionen Griechenlands längst nicht mehr kennt. Die meisten Besucher sind keine üblichen Strandurlauber oder Partygänger, sondern es sind Individualisten, Wanderer und Naturfreunde, die oft schon seit Jahren immer wieder hierher kommen, weil Karpathos eben doch am schönsten ist, wie viele Inselsüchtige meinen.

Aber auch immer mehr Surfer, die direkt neben dem Flughafen eines der begehrtesten und sichersten Reviere Europas vorfinden, finden auf die entlegene Insel, welche sich ganz im Südosten der Ägäis zwischen Rhodos und Kreta erstreckt. Auf der Insel weht nämlich immer Wind, meist ist es der Meltemi von Nordwesten, welcher nicht selten Sturmböen mitbringt. Wolken bleiben meist am 1.215 Meter hohen Kali Limni hängen, immerhin dem höchsten Berg der Dodekanes, sodass es auf der Südostseite der Insel im Jahresdurchschnitt deutlich trockener und wärmer ist.

Karpathos ist zwar gut 50 km lang, aber nicht breiter als 15 km, nach Norden setzt es sich in der unbewohnten Pirateninsel Saria fort. Der Tourismus begann mit Eröffnung des internationalen Flughafens 1987. Zunächst flogen Chartermaschinen nur zaghaft auf die unbekannte Insel, ganz behutsam entwickelte sich in den 90er Jahren der Fremdenverkehr zunächst in Pigadia und Amopi, später folgten Arkassa, Lefkos und Kira Panagia. Der Pauschaltourismus fasste zwar Fuß, dennoch kamen über Jahre nur Griechenland-Kenner, die den einzigartig ursprünglichen und unverbrauchten Reiz der Insel schätzen.

Veränderungen in den letzten Jahren zeigen einen gewissen Umbruch, es wird plötzlich immer mehr gebaut, neue Hotels, Restaurants und Autovermieter schießen wie Pilze aus dem Boden, zahlreiche Schotterwege wurden asphaltiert und ein Ende dieses Baubooms ist nicht abzusehen. Da sich Karpathos in den vergangenen Jahren weniger als andere Inseln entwickelte, scheinen die Insulaner quasi aufholen zu wollen. Kaum eine andere griechische Insel wird von der EU so massiv mit Finanzmitteln bezuschusst wie Karpathos, gerade wird der Flughafen großflächig erweitert, es entstehen ein neues Ankunfts- wie Abflugsgebäude. Daneben planiert und asphaltiert man gerade die 20 km lange Schotterpiste von Spoa in den Norden nach Olympos, für viele ein Frevel an der Natur, da somit Erosion Tür und Tor geöffnet wird. Andererseits wünschen sich die Bewohner des Nordens seit Jahrzehnten eine zuverlässige Straßenverbindung mit dem Rest der Insel, um nicht für ewig abgeschottet zu bleiben. Vieles ist aber auch gleich geblieben, die Karpathioten sind gastfreundlich, schnell lassen sich Kontakte knüpfen, die meisten sprechen wesentlich besser Englisch als unsereins, da viele Insulaner jahrelang in den USA arbeiteten, Verdienstmöglichkeit auf der Heimatinsel gab es nicht.

Für Wanderer und Entdecker ist Karpathos ein Paradies, zahlreiche lohnende Wege und alte, gemauerte Monopati (Eselspfade) sind oft gut markiert und ausgeschildert. Aber mindestens genau so gut lässt es sich Baden, rund um die Insel verstreut sind herrliche Sand- und Kiesstrände unterschiedlichster Beschaffenheit, stets aber mit kristallklarem Wasser, dass zum Badevergnügen lockt. Apella ist gar so schön, dieser geschwungene Strand an der Ostküste gewann bei einer Umfrage die Auszeichnung zum schönsten Strand im Mittelmeer.

Hauptstadt ist Pigadia mit einem breiten Angebot an Einkaufs- und Unterhaltungsmöglichkeiten. Mit seinen 3.000 Einwohnern ist es die mit Abstand größte Siedlung der Insel; durch die gesichtslosen Einheitsbauten zwar kein typisch-pittoreskes Inselstädtchen, dafür hat es eine wunderschöne Lage an der großen, kreisrunden Vronthy Bay. Badefreunde zieht es eher nach Amopi mit seinen kleinen, familienfreundlichen Badebuchten. Rauer ist die Westseite, wo in karger Umgebung das zerstreute Straßendorf Arkassa und ganz in der Nähe das kleine Fischerdorf Finiki liegen. Mit gleich vier wunderbaren Sandstränden kann Lefkos aufwarten, ein Fischernest, dass sich mehr und mehr zum bescheidenen Urlauberzentrum mit durchwegs kleinen Appartementanlagen entwickelt.

Noch abgelegener und ruhiger geht es in Kira Panagia zu, der berühmten Marienbucht an der Ostküste, welche ihren einmaligen Reiz trotz Neubauten nicht eingebüßt hat. Herrlich gelegene Bergdörfer laden zum Besuch, viel zu schade ist es, einfach daran vorbeizufahren. Aperi gilt als reichstes Dorf der Insel und hat mit Bischofssitz und Gymnasium eine große Bedeutung. Das hübsche Volada schmiegt sich malerisch in einen üppig grünen Kessel, überragt vom Lastos auf der einen und der ehemaligen Cornaroburg auf der anderen Seite. Aussichtsreich liegt das höchste Dorf der Insel, Othos hat liebenswerte Bewohner und ein Heimatmuseum zu bieten, auch die ruhige Außensiedlung Stes ist den Abstecher wert. In Piles blüht es ganz besonders üppig, die sprudelnden Quellen des Dorfes sollen seine Bewohner verrückt machen. Menetes fasziniert mit einem unüberschaubaren Gewirr aus Treppengassen.

Fast wie im Paradies fühlt man sich hingegen in den reichen Gärten von Messochori, dort lohnt sich die Einkehr bei Manolis im Kafe Skopi mit seiner herrlichen Terrasse (Sonnenuntergang!) unbedingt. Spoa hat noch Windmühlen und einen malerischen Fischerhafen mit empfehlenswertem Kieselstrand, Agios Nikolaos. Der Hafenort des Nordens, Diafani, strahlt eine angenehme Gemütlichkeit aus und hat neben einigen Tavernen direkt am Wasser in seiner Umgebung tolle Wander- und Bademöglichkeiten zu bieten.

In Olympos tragen die Frauen noch ihre Tracht und backen das Brot im Steinbackofen, das Mehl dazu wird mithilfe der Windmühlen gemahlen. Um dieses in der Ägäis absolut einzigartige Dorf richtig kennenzulernen, ist eine Übernachtung nötig, da man als Tagesbesucher viel zu wenig von der urigen Atmosphäre und dem Dorflebens mitbekommt. Man fühlt sich zurückversetzt in eine frühere Zeit, überhaupt ist der Norden von Karpathos noch deutlich wilder und unverfälschter als der Südteil. Am besten erreicht man ihn noch mit dem Schiff von Pigadia, die Strecke wird mit Fähren, aber auch mit kleineren Booten ständig befahren. Karpathos auf Schusters Rappen zu entdecken, ist sicherlich die schönste Art, um diese eigenwillig-raue Inselschönheit und seine Bewohner intensiv zu erleben.

Geschrieben 01.06.2008, Geändert 02.06.2008, 4568 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von Heivo vom 12.04.2009 21:46:45

Hallo Christin,

super Artikel!
Wir waren im Herbst 2002 dort und können deine Eindrücke nur bestätigen!
Die jetzt gute Erreichbarkeit von Olympos ist sicherlich aus "externer" Sicht schade, für die im Norden lebenden Menschen aber sicher ein Segen...

Liebe Grüße- Heike