Re: Entscheidende Kartellamts-Sitzung zu Aneks Zukunft

Der Artikel blendet allerdings einen wichtigen wettbewerblichen Aspekt weitgehend aus. Zum Wettbewerb gehört nicht nur eine breite konkurrierende Angebotsstruktur, sondern auch die Nachfrageseite.

Mit Abstand größter Nachfrager ist der Staat bei der Ausschreibung subventionierter Fährstrecken, die sich nicht wirtschaftlich betreiben lassen. Die Befürchtung ist an dieser Stelle, dass der Staat bei seinen Ausschreibungen keine wettbewerblichen Angebote konkurrierender Reedereien mehr bekommt, sondern vor allem Angebote der bei einer Fusion Anek/Attica dann marktbeherrschenden Struktur.

Attica könnte also geneigt sein, als Quasi-Monopolist sich in seinen Preisangeboten auch wie ein solcher zu verhalten und dem Staat die Preise bei Ausschreibungen zu diktieren. Das würde die Dienstleistung Fähre nicht nur für Privatkunden, sondern vor allem auch für den Staat und damit alle Steuerzahler teurer machen.

Andererseits will der griechische Staat sicher auch nicht, dass die Fähren von und nach Griechenland zu etwa 80 Prozent vom italienischen Grimaldi-Konzern kontrolliert werden.

Die Wettbewerbshüter des griechischen Kartellamts stehen also vor keiner ganz leichten Aufgabe. Letztlich könnte es auch darauf hinauslaufen, dass Attica und die das Unternehmen finanzierenden Banken Gefallen daran finden, sich die Übernahme der defizitären Anek über höhere Angebotspreise bei staatlichen Ausschreibungen vom Steuerzahler nachträglich in Salamitaktik finanzieren zu lassen.

Die Wettbewerbshüter sind unabhängig und gegenüber der Regierung nicht weisungsgebunden. Vorstellbar wäre, dass sie die Übernahme in einer Form durchwinken, die eine Insolvenz von Anek zwar abwendet, zugleich aber Auflagen aussprechen, um Wettbewerb auf den unwirtschaftlichen innergriechischen Strecken zu sichern.

Börsianer, die das Gras beim Horchen an der Schiene der Zukunft mitunter in neurotischer Weise wachsen hören, zeigen sich angesichts der bevorstehenden Kartellamtsentscheidung noch relativ entspannt. Vor den Übernahmeplänen wurde die Anek-Aktie mit 4-6 Eurocent bewertet. Nach den ersten Übernahmespekulationen sprang sie auf um die 26 Cent und hält sich auch aktuell rund um diese Marke. Sollte es tatsächlich interne Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Insolvenz geben, würden wohl viele ihre Anek-Aktien in Panik verkaufen und der Kurs würde wieder Richtung Nullmarke rauschen.