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Heimweh!?

Von Orti

Bis 1979 habe ich Mittel- und Nordeuropa mit meinem 2CV bereist. Mein damaliger Freund Peter (selig) schwärmte immer wieder von der griechischen Inselwelt (damals hatte er schon Ios als "seine" Insel entdeckt). 1980 packte ich entschlossen meinen Rucksack, buchte einen Hin- und Rückflug nach Athen und sah bei meiner Ankunft zum ersten Mal Palmen. Von dort ging es weiter mit einer kleinen Maschine nach Kreta und dann mit dem Bus nach Matala. Aber, damals schon viel los. Abends hörte ich zufällig. wie sich ein Rucksackpärchen lautstark über das langweilige Amorgos / Ormos Aigiali beschwerte. War es das, was ich suchte?

Am nächsten Morgen Rucksack packen, zurück nach Iraklion, Fähre nach Naxos, von dort mit der "Marianna" (die gibt es schon lange nicht mehr) nach Aigiali. Das war es! Eingeborene pur, keine Elektrizität, keine Autos, keine Discos. Musik machten die "Einheimischen", unter denen ich im Laufe der Jahre viele Freunde gefunden habe, vor allem Ioannes Berkris mit Frau Positi, Söhnen Dimitri, Lefteri, Adoni und Tochter Anna. Das Meer schwappte 1980 noch bis zur Dorfmauer, den jetzigen Anlegesteg gab es noch nicht (bei größeren Fähren wurde man ausgebootet, die "Marianna" war ein kleines, lokales Versorgungsschiff).

Gewohnt habe ich beim ersten Mal bei Lakki hinten im wundervollen, vom Großvater angelegten Obst- u. Gemüsegarten (das Hotel gab es natürlich noch nicht, aber Lakki hatte einen Stromgenerator). Ich weiß nicht, wie ich mit 250 Worten von jahrelangen Erlebnissen und Erfahrungen (nur über Aigiali) schreiben soll. Nach 2-3 Tagen war ich in Aigiali, die Umgebung, in die vielen Esel, aber vor allem in die wundervollen Menschen verliebt. Es war schön, morgens schon um 6 Uhr mit den älteren Männern in einem Kafenion zu sitzen und "Kafes" trinken (manchmal auch schon einen Metaxa).

Ein Jahr später habe ich dann bei Ioannis und seiner Familie ein Zimmer gefunden und es entwickelte sich eine Freundschaft (Ioannis hat mich auch in Dorsten besucht, ohne dass die Familie etwas wusste). Damals war ich oft mit Ioannis und seinem Kutter früh raus aufs Meer Netze einholen. Die frischen Fische waren abends bei Kerzen- oder Gaslicht ein Gedicht. Vor etwa 13-14 Jahren hat sein Sohn Dimitri das Fischen übernommen und Lefteri hat ein Ticketshop eröffnet und managed wohl immer noch die Zimmervermietung(?).

Im Laufe der Zeit habe ich die Stromversorgung (Positis 1. Waschmaschine), den Straßenbau, das 1. Auto, die ersten Kinder der Kinder von 1980, den Neubau Anlegesteg, die 1. Disco, den Abriss der alten Olivenpresse, den Schwund der Esel, den Bus nach Langada, den Bau des "Lakki"-Hotels, das Zurückdrängen des Wassers von der Dorfmauer, Hochzeiten und andere viele Feiern und vieles mehr in u. um Aigiali mit den Freunden erlebt (natürlich auch Todesfälle). Ich könnte ein Buch schreiben.

Meine jetzige Frau Ilona habe ich auf der Fähre von Naxos nach Aigiali kennen gelernt, sie ist genauso freundschaftlich wie ich aufgenommen worden; vor allem die Frauen haben Ilonas Häkelarbeiten immer fachfraulich begutachtet. 1995 waren wir zum letzten Mal in Aigiali, wir haben seitdem einen Wohnwagen in der Bretagne stehen und auch dort schon sehr viele Freunde, aber das ist eine andere Geschichte. Ich hoffe sehr, dass ich Aigiali noch einmal wiedersehe. Ein großes Stück meines Herzens ist dort irgendwie verblieben.

Sollte jemand dort vorbeikommen, dann grüße er / sie Ioannis Berkris, Katina mit ihren Söhnen, die "Lakki"-Sippe und die verbliebenen Esel. Vielleicht schreibe ich mal eine spezielle Geschichte, bis dahin grüßt Euch

Orti

Benehmen

Nach ca. drei Jahren Aigialibesuch wurden wir von vielen Einheimischen nicht mehr als Touristen angesehen. Wir sind stolz darauf und sind unseren Freunden dankbar dafür.

Geschrieben 27.07.2005, Geändert 27.07.2005, 2598 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von kokkinos vrachos vom 12.03.2012 11:06:48

jas orti, schöner bericht. die gr-inselwelt muß wirklich für uns nord-euröpäer in den 70/80iger jahren ein traum gewesen sein. einfach eine andere (einfache) welt.

das du deine frau auf der fähre kennengelernt hast, ist natürlich auch ne schöne geschichte.

ja du sollstest wirklich ein buch über amorgos schreiben.

sg aus hamburg