Reiseziel-Sponsoren Reiseziel-Sponsor werden

Mit der Bahn von München über Venedig nach Griechenland (Teil 2)

Von Klaus W.

Zurück zum Gleis 11: Die ersten beiden Wagen hinter der Lok haben nur zu einem Viertel Reservierungen. Komischerweise riecht es dort in den Nichtraucher-Abteilen nach Nikotin. Auch die anderen Waggons scheinen wenig belegt. Für Eisenbahn-Enthusiasten angemerkt: Der italienische Zug wird von München bis Brenner von einer österreichischen E-Lok 1044 gezogen. Am Brenner muss ein Lokwechsel vorgenommen werden, da in Italien nicht mit 16 2/3 Hertz 15.000 V Wechselstrom, sondern mit 3.000 V Gleichspannung gefahren wird. Da müssen die verbleibenden Waggons inklusive Speisewagen also über kompatible Wechselrichter verfügen. Das vereinte Europa mangelt noch an vereinter Technik.

Pünktliche Abfahrt. Bis Rosenheim fährt in meinem Abteil ein "Aktentaschenträger" mit. Eigentlich ganz untypisch, wie ich finde. Denn beispielsweise meine Arbeitskollegen nehmen frühmorgens eher die umgekehrte Richtung. München ist Arbeitgeber bis weit in die Region. Es folgen noch einzelne Zusteiger, so in Kufstein ein zuerst englisch sprechendes Ehepaar. Später sprachen sie - ja ich konnte es nicht raten - vielleicht ungarisch?

Bei der Ausfahrt aus dem Münchener HBf tönt eine deutsche und englische Zugdurchsage aus dem Deckenlautsprecher. Kufstein vorbei wirbt der Speisewagen in italienisch und englisch für einen Besuch. Vor Wörgl macht der Zugführer seine Durchsage wiederum in deutsch und englisch. Ich genieße die Fahrt. Eigentlich fehlt nur noch ein Ober mit Buffetwägelchen, der mir ein Getränk ins Abteil brächte.

Kleiner Talk mit dem Ehepaar: Es ist aus Helsinki zum Bergwandern hier. Ich entschuldige das regnerische Wetter. Sie nehmen es gelassen. Ob ich wohl "Repeller" gegen Stechmücken eher in Finnland oder Deutschland kaufen solle, frage ich, man habe in Finnland vielleicht mehr Erfahrung? Sie winken ab und meinen, es komme schließlich doch alles von "Bayer". Und überhaupt sei es nur an den nördlichen finnischen Seen etwas heftig. Die Finnen steigen in Innsbruck aus. Andere Bergwanderer nehmen ihre Plätze ein.

Jetzt geht es rauf zum Brenner. Wolkenzüge hängen im Tal. Sie geben den Blick in die Höhen nur gestaffelt frei. Eine Theaterkulisse. Der italienische Speisewagen ist wie eine Eisdiele mit Licht durchflutet. Dumm, dass sich die vier Neonleuchtbänder sehr störend in den Fensterscheiben spiegeln. Ich trinke hastig den Tee, um lieber wieder ins Abteil zurückzukehren. Dort spiegelt nichts, zumindest nicht dort, wo ich hinschauen möchte. Der Tee kostet DM 2,50. Der italienische Ober akzeptiert mein Fünfmarkstück und gibt mir das Wechselgeld in deutschen Münzen raus. Die parallele Autobahn sieht von der Bahnstrecke mindestens so spektakulär aus, wie sie Autofahrer empfinden. Die Brückenbogen hüpfen von Bergkuppe zu Bergkuppe, dann geht es über Hangbrücken wie auf Balkonen durch die Natur. Da wir einen Gegenzug abwarten mit einem Streckenhalt, haben wir am Brenner sieben Minuten Verspätung.

Auch das will ich als Chronist festhalten: In den vergangenen zweieinhalb Stunden im Zug war gerade Zeit das Gepäck zu richten, etwas Proviant zu nehmen, in der Eisdiele, äh - Entschuldigung - im Speisewagen eine Tasse Tee zu trinken, kurz die Toilette aufzusuchen, und eben diese Zeilen bis hierher zu schreiben. Langeweile kam daher nicht auf. Im Gegenteil. Die oberbayerische Landschaft hatte ich keines Blickes gewürdigt (die kenne ich ausführlich), ich guckte erst ab Kufstein immer wieder mal raus.

Geschrieben 21.01.2001, Geändert 21.01.2001, 1143 x gelesen.

Was möchtest du?

Kommentare zu diesem Artikel

Bisher gibt es noch keine Kommentare.