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Mit der Bahn von München über Venedig nach Griechenland (Teil 4)

Von Klaus W.

Zuvor sollte aber noch die Lok besichtigt werden. Am Brenner war dazu keine Möglichkeit gewesen. Die 652 hat nichts aufregendes. Sie wird abgekuppelt, da der Zug wieder nach Norden, am Gardasee vorbei nach Milano, rausfahren wird. Jetzt wird eine 444 vorgespannt. Plakativ ist E444R zusätzlich zur Loknummer E444 048 in großen, kursiven Lettern auf den Stirnseiten angebracht. Sind wohl ein bißchen stolz auf den Typ? Allerdings gibt die Form nichts her. Die 652, wie die 444, haben horizontal gewinkelte Stirnflächen, die 652 dabei etwas vorstehende Backenknochen. Da war die kleine 245er Rangierlok, die hier ihren Dienst tut, schon lustiger. Sie sieht aus wie ein Traktor, der Wachstumshormone verschluckt hat. Es gibt eine umlaufende Veranda mit Geländer. Grün mit gelben Streifen hat sie etwas Wespiges. Wer die Augen etwas zukneift und die Lok so in einer Einheit mit den Waggons sieht, entdeckt ein geschlossenes Bild eines Zuges mit TEE-Zugspitze. (A bisserl Phantasie muss scho' sein!)

Derweil kommt auf Gleis 1 jetzt ein Doppelstock-E-Triebzug mit grüner Frontbemalung. Die Lampengehäuse sind V-förmig ausgebildet. Mit der orangen Abdeckkappe über der Klauenkupplung sieht es aus, als ob diese Regionalbahn R2717 mir die Zunge rausstreckt. Fahrplanmäßig fährt dieser Zug um 13:40 Uhr nach Venedig. Mein Anschlusszug IC619 soll um 13:33 Uhr abgehen. Er kommt mit sechs minütiger Verspätung. Der IC619 wird ebenfalls von einer E444R gezogen. Da wird die Ankunftszeit 14:57 Uhr in Venedig Santa Lucia wohl eingehalten werden.

Der Wechselkurs in Verona liegt wie der in München bei rund 1:1000. In Verona Porta Nuova werden 10,9% Provision ("Servicio") einbehalten. Wieviel in der Reisebank im Münchner HBf, darauf will ich bei dieser Größenordnung das nächst Mal achten.

Der Damm von Mestre nach Venedig trägt vier Gleise sowie zwei plus zwei Autospuren. Den Blick nach unten zum Wasser erspart man sich lieber: Nur Dreck. Vom Damm aus sehe ich den Hafen rechts liegen. Die Erwartung steigert sich. An jedem Prellbock des vielgleisigen Kopfbahnhofes Venezia S. Lucia stehen Palmen. Sie vermitteln in der letztlich "technischen Einrichtung" Bahnhof ein ausgesprochen urlaubsbezogenes Gefühl. Ist es doch leider so, dass der "im Arbeitsstress stehende Teil der Bevölkerung" üblicherweise ein paar Tage zum Abschalten und Eingewöhnen in den Urlaub benötigt. Ein passendes Ambiente wie hier vermittelt das Urlaubsgefühl viel schneller. Die folgende Seefahrt tut noch das ihre dazu.

Es war ein Fehler auf die Mädchen des Informationsstand im Bahnhof-Foyer zu hören. Ich wollte den Weg zum Anleger der Blue Star Ferries der Strintzis Schifffahrtsgesellschaft wissen. Sie empfahlen, den Wasser-Omnibus Linie 82. Ein Kanal führt unmittelbar vor dem Bahnhof vorbei. Preis 6.000 Lire, entsprechend 6 DM. Erst nach dem Erwerb des Tickets erklärt mir die Verkäuferin am Kai, dass ich schon die nächste Haltestelle aussteigen solle. Wucher! Die Passagiere werden gleichsam mit dem Schuhlöffel in das Boot gepresst. Da ich die vom Wasser wie vom Land aus fotogene Strecke bequem und jedenfalls billiger zu Fuß hätte gehen können, glaube ich nicht an den Kurztripp und fahre zur nachfolgenden Haltestelle weiter. Da aber sind nur ein Parkhaus und Fernreise-Omnibusse. Also wieder zurücklaufen. Ich sehe das Fährschiff nicht. Leichter Stress. Endlich ein Hafentor mit dem der Wegweiser "Strintzis". Von da verkehrt ein kostenloser Shuttlebus, denn die Mole ist im Sommer 2000 eine einzige Baustelle und sehr lang. Ein saugfähiges Schweißtuch ist gefragt.

Die Fähre legt pünktlich um 17:00 Uhr ab. Venedig zieht wie im Film an der Reeling vorbei. Langsame Fahrt ist geboten. Erst eine Stunde später gelangen wir ins offene Meer. Ankunft Griechenland Igoumenitsa am nächsten Tag um 23:00 Uhr Ortszeit. Stellen wir die Uhren eine Stunde vor.

Geschrieben 21.01.2001, Geändert 21.01.2001, 728 x gelesen.

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