Von
omabell
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Kreta-Virus
Oft wird darüber berichtet, dass es einen Kretavirus geben soll. Es heißt, wer von ihm befallen ist, wird ihn nie wieder los! Was ist das nun für ein Virus? Komischerweise befällt er nur Besucher oder Auswanderer, die "unsere" schöne Insel betreten. Ausgelöst wird er beim Zusammentreffen mit dem gemeinen Kreter, dem ”Humanos Kritikos”. Aber davor liegt meistens ein ausgeprägter Leidensweg! In Deutschland verläuft das Leben aber zunächst in relativ geordneten Bahnen. Man wird geboren, lässt sich vom Kindergeld mit Milupa Vollstopfen und bekommt von Oma eine Ausbildungsversicherung für eine völlig überflüssige Beamtenausbildung in die Pampers gesteckt. Mit drei Jahren wird man dann in den Kindergarten gesteckt um angepasst das gemeinsame “Töpfchensitzen” zu erlernen. Früh Abends zwischen “Tele-Tabis” und “Bernd das Brot” liegt man dann in seinem durch das vom Team “Einsatz in vier Wänden” gestylten Kinderhochbett, saugt an seinem Hofer-Schnuller und freut sich auf das erste Handy mit dem Logo des “verückten Frosches”. Nachdem die RTL-Supernannys den Zwergen den aufrechten, schreilosen Gang zur Schule beigebracht haben, heißt es dann sinnlose X-Rechnungen zu erlernen um in der Pisastudie Bestplätze zu erreichen. Eh man sich versieht und die wichtigsten Wörter der Deutschen Sprache erlernt hat, wie z.B. “Ey booh echt geil” ist die Schulzeit vorbei, vorausgesetzt, man hat das eine oder andere Schulmassaker überlebt. Trotz Ausbildungspakt findet man nur eine Ausbildung zum Eventmanager oder als Call-Center-Agent bei ONE, T-Mobil oder ähnlichem. Da heißt es dann zum Überleben die Ausbildungsversicherung auszahlen lassen! Nach Beendigung der Ausbildung wird man mit einer hohen Abfindung in den Kreis der Sozialhilfeempfänger entlassen, wo die Abfindung selbstverständlich angerechnet wird. Um es kurz zu machen, Heirat mit 19, Kind durch einen bei Vera am Mittag nachgewiesen Vaterschaftstest, Enkelkinder mit 40, denen dann selbstverständlich die angesparte Ausbildungsversicherung überreicht wird und mit 65, vor erreichen des Rentenalters ab in die Kiste! Aber es gibt Ausnahmen vom wohl behüteten deutschen Way of Life. Besonders auf diese hat es der Virus abgesehen! Kurz bevor man die Ausbildungsversicherung an die Enkel überreicht, setzt kurzfristig der Verstand ein und man beschließt die Kohle lieber für einen “Ey Booh echt geilen” Urlaub zu verbraten! Reisebüro faselt was von “Wiege der Kultur” und “Sonnengarantie” und schon spuckt einen der Flieger am Kazanzakis-Airport Heraklion aus. Und dann passiert es! Mit schmerzverzerrtem Gesicht sucht man die völlig überflutete Toilette in der Ankunftshalle auf, wo ein Kreter des Untertypes “Humanos Kritikos Ankunfthalle” seinen Naseninhalt geschickt mit zwei Fingern auf den Fußboden schleudert. Beim Rausgehen wischt er in Anbetracht der nicht funktionierenden, weil nicht vorhandenen Wasserhähne seine Hände am Türdrücker der Eingangstür ab! Und nun passiert die Übertragung des Kretavirus! Ahnungslos betätigt der Urlauber den Türdrücker und freut sich noch über die seiner Meinung nach gerade feucht gereinigten Türklinken. Die Inkubationszeit beträgt nur wenige Minuten und der Virus befällt das Gehirn im Ordnungszentrum. Nichts wird mehr so sein, wie es früher war! Das Wort Chaos kommt nicht von ungefähr aus dem Griechischen. Im Anfangsverlauf versucht das Gehirn noch, deutsches Ordnungsmuster mit kretischer Logik abzugleichen, was aber schon nach wenigen Tagen zum psychischen Zusammenbruch führt. Der Virus erschüttert das Ordnungszentrum nun in 10 verschiedenen Phasen.
Phase 1: Das bunte Treiben vor dem Flughafen wird genossen, da der Virus einem vortäuscht, dass das Geschehen organisiert ist.
Phase 2: Der Virus befällt nun das Hörzentrum, denn plötzlich hören Sie, dass der Polizist mit der Trillerpfeife, der Ihnen befiehlt, den Koffer sofort von der gelben Parkplatzmarkierung zu nehmen “Georgus” gerufen wird. Der Reiseleiter heißt ebenfalls “Georgus”, der Busfahrer stellt sich auch als “Georgus” vor. Der Mann an der Rezeption heißt auch “Georgus”, ebenso der Barman, der Strandwächter und der Haustechniker der gerade Ihr Zimmer neu streicht! Gott sei Dank heißt das Zimmermädchen “Georgia”, das bringt Abwechslung, ist aber vom Virus geschickt gewollt, denn am nächsten Tag gaukelt er Ihnen vor, dass der Taxifahrer Niko heißt, ebenso der Bäcker, der Andenkenverkäufer, der Autovermieter und die Taverne gegenüber von Ihrem Hotel!
Phase 3: Sie fahren mit dem Mietwagen auf der Schnellstraße, schön auf der rechten Spur, als Ihnen der Virus Trugbilder vermittelt! Plötzlich überholt Sie links auf dem Standstreifen, laut hupend, ein Pick-Up mit 8 Schafen auf der Ladefläche, während Sie rechts von einem Zementlaster überholt werden! Den Zementlaster überholt dazu noch ein junger Kreter mit einem Motorrad der Marke “Ninja” mit 250 Sachen und einem 12 jährigen Mädchen in Badeanzug auf der Rückbank, beide ohne Helm!
Phase 4: Der Virus vermittelt Ihnen, überall völlig neue unbekannte Freunde zu haben, was sich dadurch bemerkbar macht, das Sie am alten Hafen von Rethymnon von jedem der 15 Gastwirte mit “Hallo Freund, wie gehts heute, auch mal wieder da?” angesprochen werden.
Phase 5: Der Virus befällt ihr Geschmackszentrum. Es braucht Nahrung zur Fortpflanzung und suggeriert Ihnen, das Raki gut schmeckt! Nach 10 Gläsern und dem Aufwachen um 13:00 am nächsten Morgen spüren Sie starkes Hirnreissen, was ein Beweis für die rapide Vermehrung des Virus ist!
Phase 6: Sehr entscheidende Phase im Krankheitsverlauf! Der Virus befällt Ihr Widerspruchszentrum! “Georgus” von der Rezeption teilt Ihnen mit, dass die Malerarbeiten in Ihrem Zimmer voraussichtlich dieses Jahr nicht fertig werden und das Sie außerdem wegen Überbuchung auch die nächsten Tage im Zelt am Strand schlafen müssen. Ohne Widerspruch, begleitet von einem “Ola Kala?” bahnen Sie sich einen Weg durch grasende Ziegen und freuen sich darauf, dass auch diese Nacht eine Meeresschildkröte ein tiefes Loch in Ihrem Zelt gräbt! Sie wägen nun zum ersten Mal ab. Es könnte ja auch schlimmer kommen! Ihre Ehefrau ist bereits weiter fortgeschritten und liegt in einer tiefen Ohnmacht! Phase 7: Das Virus kapselt sich ein und verschafft Ihnen für einige Tage Denkfreiheit! Sie glauben Kreta zu hassen, hassen Lammhoden, der wie Hühnchen schmeckt, hassen die Kassiererin, die im Supermarkt eine Stunde braucht, um Ihr Leergut abzurechnen. Sie hassen lauwarmes Essen, den Busfahrer, der an der Haltestelle nicht anhielt, um Sie die 10 km zurück zum Zelt zu bringen! Sie ärgern Sich darüber, dass Sie immer “En taxi” rufen und nie ein Taxifahrer anhält! Ihr Ordnungssinn übergibt sich beim Anblick der wilden Müllkippen in bester Lage!
Phase 8: Der Virus scheint besiegt, Sie können wieder klar denken, erkennen, was Ordnung ausmacht! Kreta jedenfalls nicht! Der Urlaub ist vorbei! Hurra, endlich weg aus diesem Land der Ziegenbauern! Sie steigen in Heraklion in den Flieger, sogar als erste, denn Gepäck mussten Sie nicht aufgeben, denn das legte der Gepäckbursche ““Georgus” aus Versehen in den Bus nach Chania. Im Flugzeug endlich wieder warmes Essen, der Steward heißt Bernd, die Stewardess stellt sich als Frau Müller vor! Österreichische Zeit, alles sauber, KronenZeitung, ein letzter Blick aus dem Fenster. “Jássas Malákes, mich seht Ihr nicht wieder”. ist Ihr letzter Gedanke!
Phase 9: Jetzt explodiert der Virus! Sie sitzen in Ihrem 5 qm Büro und zeigen den Kollegen Ihre Urlaubsbilder. Sie möchten heraussprudeln, wie Schei... es auf Kreta ist und nun bemächtigt sich der Virus im letzten Stadium Ihres Sprachzentrums! Sie hören sich sagen, “Nette Menschen”, “tolles Hotel, sogar mit Campingmöglichkeiten”, “Wir lieben Raki”, “diese Ruhe überall”. Sie kämpfen gegen Ihre Zunge, aber dann zwingt der Virus Sie zum entscheidenden Satz: “Hat uns so gefallen, wir können uns keinen anderen Urlaub mehr vorstellen”! Sie geben Ihren Kollegen nun sogar die Internetadresse des Bergdorfes MILI, in dem Sie so gerne kretische Spezialitäten gegessen hatten!
Phase 10: Sie kommen nach Hause und hören sich sagen, “Ich halte es hier in der deutschen Ordnung nicht mehr aus!” und Ihre Frau sagt fast beiläufig, “Schatz, ich war heute im Reisebüro und habe gebucht, August, 3 Wochen im Hotel Georgus!”. Nun ist das Werk des Virus vollbracht! Ab jetzt heißt es, Kreta 3 x im Jahr! Der Virus bleibt ein Leben lang aktiv und sorgt dafür, das Sie nie wieder von der Insel loskommen!
Liebe Grüße vom einer Infizierten
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