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Spuren türkischer Geschichte in Thessaloniki

Von awo

2012 wird in Thessaloniki das 100jährige Jubiläum des Anschlusses an den griechischen Nationalstaat der Neuzeit begangen. 1912 gingen für die Stadt 482 Jahre "Turkokratie" zu Ende. Darüber sollte nicht vergessen werden, dass Thessaloniki auch für den türkischen Staat der Neuzeit eine wichtige Rolle gespielt hat. Hier wurde nicht nur Atatürk geboren, hier war auch am Ende des Osmanischen Reiches das Zentrum der Bewegung der Jungtürken.

Zeuge dieser Ereignisse war der Freiheitsplatz, der davon auch seinen Namen hat. Der Platz mit Blick aufs Meer befindet sich drei Häuserblocks westlich vom Aristoteles-Platz - den es damals noch nicht gab - direkt vor dem Ladadika-Viertel. Heute eher unscheinbar und vorwiegend als Parkplatz genutzt, war dieser Platz vor dem großen Brand von 1917 ein belebtes Zentrum des Handels im Herzen der Stadt.

Die Jungtürkische Revolution richtete sich gegen die absolutistische Herrschaft des Sultans und für die Wiedereinsetzung der suspendierten Verfassung. Sie hatte ihren geographischen Schwerpunkt in den europäischen Provinzen des Osmanischen Reiches, allen voran in Makedonien mit Zentrum in Thessaloniki. Thessaloniki war übrigens auch die größte Industriestadt des Osmanischen Reiches.

Während des Aufstandes von 1908 waren die Jungtürken in die makedonischen Berge gegangen. Im Juli 1908 erhoben sich in kurzer Abfolge Monastir, das Kosovo und Thessaloniki, bevor am 24.Juli die Verfassung verkündet wurde. Am 25.Juli gab es einen freudetrunkenen Marsch des Volkes von Thessaloniki zum Konak (Präfektur), das Volk umarmte sich und rief "Es lebe die Verfassung!" Es kam zu einer Verbrüderung der Orthodoxen, der Juden und der Muslime.

Hilmi Pascha, der Gouverneur von Rumelin, verlas auf dem Balkon des Konak den Text des Sultans. "Es lebe die Gerechtigkeit!" "Es lebe die Verfassung!" "Es lebe die Gleichheit!" "Es lebe die Freiheit!" Es war einer der glücklichsten Momente in der Geschichte der Stadt.

Aber schon 1912, beim Anschluss an den griechischen Staat floss wieder Blut auf dem Freiheitsplatz. Man brachte sich gegenseitig um. 1942 schließlich war der Platz Schauplatz der Ereignisse, die ich in dem Artikel "Auf den Spuren des Holocaust in Thessaloniki" beschrieben habe. de.travello.com/thessaloniki/artikel/960 11-auf-den-spuren-des-holocaust-in-thess aloniki

1925 gab es nur noch 97 Muslime in der Stadt. Auch hat die Zeit der Turkokratie nur wenige Baudenkmäler hinterlassen, die noch dazu bis vor kurzem baulich vernachlässigt wurden. Erst in jüngster Zeit erinnert man sich wieder und hat ehemalige Moscheen und türkische Bäder, aber auch hybride Architekturen wie die um 1900 erbaute Yeni Djama-Villa (Kreuzung aus neobarocken Maurenstil und Art nouveau) saniert.

Zu nennen sind weiter:
Hamza Bey Moschee (1467/68) an der Kreuzung Egnatia und Venizelou-Straße
Alatza Imaret Moschee (1484) in der Nähe der Dimitrios-Kathedrale
Bey Hamam (Paradiesbäder) an der Egnatia-Straße und drei weitere Hamams
Bezesteni-Markt (Markthalle aus der 2.Hälfte des 15.Jahrhunderts) an der Venizelou-Straße
Grabmal des Musa Baba in der Oberen Stadt (Terpsithea-Platz)

Geschrieben 01.09.2012, Geändert 01.09.2012, 3798 x gelesen.

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