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Ein Tag auf Syros

Von Strandfee

Von Tinos erreicht man in einer Stunde mit der Highspeed-Fähre Ermoupolis auf Syros. Frage ist, von welchem Hafen auf Tinos das Boot heute fährt. Kein Problem, sagt Pepi vom Hotel und bringt mich zum richtigen Anleger. Prima, die Highspeed 4 ist schon angeschlagen.

Während ich warte, komme ich mit einem australischen Ehepaar ins Gespräch. Sie bereisen Griechenland, in 4 Wochen jede Menge Inseln und zum Schluß Athen. Überall wird für ein paar Tage Station gemacht, bevor es wieder auf den langen Heimweg geht. Sie sind total begeistert und freuen sich auf ihre Urlaubstage auf Syros.

Die Verwaltungshauptstadt der Kykladen leuchtet im Sonnenlicht, im Hafen wimmelt es vor Geschäftigkeit, Scooter, Autos, Busse, alles wuselt durcheinander. Kurz mal orientieren, die Australier verabschieden und dann los...

Nach dem relativ beschaulichen Tinos hat Ermoupolis nahezu großstädtisches Flair. Erstmal weg von der Hauptstraße am Hafen, direkt hinein in die kleinen Gassen. Hier findet man kleine Geschäfte, Obst- und Gemüsestände, die engen Gassen sind mit Weinlaub überrankt.

Man tritt hinaus auf die Platia Miaoulis, die Marmorfliesen leuchten hell in der Sonne. Das große, klassizistische Rathaus mit der imposanten Freitreppe überwältigt die Augen. Rechts und links des Rathauses liegen Kaffeehäuser unter Palmen. Erstmal im Schatten einen Frappé und im Reiseführer schauen, wo es weitergehen soll.

Das restaurierte Apollon-Theater, roter Samt weht durch geöffnete Türen, die kleine Platia Tziropina mit Bänken unter Palmen, die Kirche Agios Nikolaos ist eingerüstet, es wird fleißig renoviert. Restaurierte Herrenhäuser, schmiedeeiserne Balkone und Lampen, ich kann nicht glauben, dass ich auf den Kykladen bin. Zwischendrin immer wieder eine Ruine, verfallen, Tauben nisten dort. Ich schlendere durch die kleinen Gassen, suche einen Platz für eine mittägliche Stärkung, bevor es den steilen Treppenweg zur Basilika hinaufgeht.

Schließlich finde ich eine Taverne in einer kleinen Gasse hinter dem Gebäude der OTE, unter Weinlaub, die Tische stehen zusammengedrängt, so dass die Hälfte der Bevölkerung von Ermoupolis sich daran vorbeidrängeln kann. Local Snack, auja, das probier ich, nicht so ein dickes Essen in der Mittagszeit, wenn man noch kraxeln will. Ähem, der Snack war vielleicht Geschmacksache, das Beste daran war die Tomate und der Syros-Käse, aber die auf dem furztrockenen Brot verteilte Olivenpaste erinnerte mich in Form und Konsistenz eher an einen Hundehaufen. Schmeckte auch irgendwie fies, schüttel. Sogar die sonst so anschmeichelnden Katzen verschmähten das angebotene Stück mit beleidigtem Gesicht. Egal, Salat und Brot reicht auch und "zur Not" kann man sich ja auch mit Chalvadopittes vollstopfen.

Ausreichend gestärkt nehme ich die Herausforderung an und mache mich auf den Weg über die wohl tausend Treppenstufen bergauf zur Kathedrale. Unterwegs immer wieder Ausblicke auf Ermoupolis und den Hafen und das Meer. Auf einem Mäuerchen halten ca. 15 Katzen ihre Siesta, große und kleine Samtpfoten blinzeln mich an, gähnen ausgiebig und fallen sofort wieder in katzentypische Bewußtlosigkeit. Kein Mensch ist zu sehen, wo sind die denn alle? In der Nähe knattert ein Scooter. Irgendwo muß was Leckeres auf dem Herd stehen, es duftet gut. In den kleinen Nebengassen hängt frische Wäsche auf der Leine quer über die Straße. Es wird immer stiller, je weiter man bergauf geht.

Endlich oben, der Weg zur Kathedrale führt über einen gepflasterten Weg unter schattigen Bäumen auf den Gipfel. Dort, endlich, Menschen, einige alte Männer sitzen auf den Bänken unter den Tamarisken und schauen über die Stadt hinaus aufs Meer. Der Pope kommt und schließt die Kirche auf. Das australische Ehepaar taucht auch wieder auf, hat den Weg nach oben aber irgendwie mit dem Auto abgekürzt. Von dort oben kann man Tinos sehen, im Dunst, ganz verschwommen und klein. Eine Fähre zieht vorbei. Ich setze mich zu den Opis auf die Bank. Wir plaudern ein wenig, mit rudimentären Griechischkenntnissen und Händen und Füßen. Die Opis schnorren Zigaretten, "monisou?", HA! Das kenne ich, ich will aber heute nicht adoptiert werden und "orea matia" hat auch keinen Zweck, nö, ich geh jetzt lieber weiter. Ich verabschiede mich freundlich von den alten Schlitzohren und mache mich auf den Weg bergab.

Ich habe noch Zeit, bis die Highspeed fährt, also noch in die Kirche oberhalb des Hafens, Kimisis Theotokou, und die Hafenpromenade längst. Schließlich muß ich ja noch Chalvadopittes für Cissi und Michali auf Naxos mitbringen. Und Hunger bekomme ich allmählich auch. Ich suche mir einen netten Tisch in einer Taverne am Ende der Hafenpromenade, direkt am Wasser, mit Blick auf die Stadthügel. Diesmal keine Experimente, es gibt frisches Pastitio und ein leckeres, eiskaltes Mythos. Am Nebentisch vier Japaner, die Fotoausrüstung muß ein Vermögen wert sein (und ein Gewicht haben; dass die nicht hintenüber fallen, mit dem ganzen Zeug im Rucksack).

Der Kellner bedient auch ein paar Deutsche, die direkt vor der Taverne mit ihrem Segelboot angelegt haben. Das soll heißen, der Kellner muß sich ganz schön übers Wasser recken, um den bestellten Wein aufs Boot zu reichen. Aber offensichtlich hat er darin Übung, jedenfalls ging die ganze Sache unfallfrei aus, zumindest, so lange ich dort saß.

Ich genieße mein Mythos und schaue zu, wie die untergehende Sonne die Stadt und den Hafen in goldenes Licht taucht. Das Wasser plätschert leise an die Hafenmauer. Auf den kleine Wellen bricht sich das Licht in tausend, funkelnden Sternen. Ich könnte stundenlang in genau dieser Tageszeit hier sitzen und diesem Funkeln zuschauen, doch bald ist es Zeit zum Anleger zu gehen. Eine Weile schaue ich noch den inzwischen eingetroffenen Anglern zu. Die Ausbeute ist aber mäßig, es reicht vielleicht gerade für ein Tellerchen Merides.

Es hülft ja nix, mein Schiff wartet nicht. Also den Rucksack auf und langsam schlendere ich zum Anleger, wo sich die Japaner gegenseitig fotografieren, jeder von den griechischen Passagieren an einem Stück Chalvadopitta herumkaut, telefoniert und noch schnell Bestellungen für das Zeug aufnimmt (vermute ich, wenn ich so die bis zum Platzen vollen Tüten sehe), einige Jugendliche in den gegenüber liegenden Fast Food Laden flitzen, um sich mit fettigen Burgern vollzustopfen, hochbepackte Rucksackreisende wanken heran und versuchen, sich ihres Gepäcks zu entledigen und einen Sitzplatz zu ergattern (mit dem Erfolg, dass alle anderen über die Strippen stolpern). Das typische Gedränge in dem "Ziegenpferch", wenn die Fähre anlegt und sich Hektik breitmacht. Ich bekomme einen Rucksack ins Gesicht gedrückt. Jemand steigt mir auf den Fuß. Aua! Endlich öffnet sich das Gatter und alles strömt auf das Boot. Ich erwische einen Sitz ganz vorne im Katamaran und kann hinausschauen in die Nacht. Ich sehe kleine Lichtpunkte an Land, Mondlicht auf dem Meer. Ich genieße die Aussicht, bis eines von den Fangen spielenden Kindern über meine Beine stolpert, lang hinschlägt und in ohrenbetäubendes Gebrüll ausbricht. Die entsetzte Mutter kommt auch gleich angeschossen, nix passiert, da setzt es dann zur Beruhigung erstmal Ohrlaschen bei dem Kleinen. Gut, dass wir gleich anlegen!

Im Hafen von Mykonos leert sich das Boot und die restliche Strecke bis Tinos sind nur noch wenige Passagiere an Bord. Zurück im Hafen von Tinos versuche ich ein Taxi zu ergattern, denn jetzt bis nach Kionia zu laufen hab ich keine Lust. Am Taxistand steht keines, also marschiere ich mal los, unterwegs kann ich sicher eins anhalten. Es dauert auch nicht lange, bis ich ein Taxilicht glühen sehe und todesmutig werfe ich mich auf die Straße, um es zum Halten zu bringen. Glück gehabt, der Fahrer ist bereit, mich nach Kionia zu fahren. Schließlich zurück im Hotel, treffe ich meine Urlaubsbekanntschaften und wir beschließen den Abend mit einem guten Schluck auf unserem Balkon.

Es war ein schöner Tag auf Syros.

Geschrieben 14.12.2003, Geändert 14.12.2003, 3623 x gelesen.

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