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Kloster Langovardas

Von Xristo

Wohin soll ich fahren? Welcher Strand ist heute windstill? Ich habe mich nach dem frappé krio im "Meltemi", meiner ersten Station des Tages, dort wo ich meine Pläne schmiede, (wo Karin und Jorgos Besitzer sind und abends Karen aus Shottland bedient, deren Englisch fast unverständlich ist) auf mein dynamisches Gefährt geschwungen und nach Norden Richtung Naoussa aufgebrochen. Auf halber Strecke, sozusagen auf dem Pass, von dem aus man den ersten schönen Blick über die ganze Naoussa-Bucht hat, steht links eine kleine Kapelle, beschützt von einem mächtigen knorrigen Zypressen-Krüppel. Hier mache ich halt, schon wegen der Ruhe. Habe das Gebäude umgangen und Schattenwürfe photographiert und sehe auf einmal den Schlängelweg zum Monastiri LANGOVARDAS. Wie oft wollten wir dort schon hinwandern? Ich habe das Angebot angenommen. Auf halbem Weg habe ich den Roller stehen lassen. Weil er zu laut ist und weil ich denke, daß man sich diesen Orten in der Stille und zufuß nähern sollte. Ich bin dann durch die vom Weg in zwei konträre Hälften geteilte Landschaft gegangen: links die liebliche Felderlandschaft mit Mäuerchen, Olivenbäumen einer kleinen Kapelle, rechts rauher Berghang mit großen Felsbrocken, Macchia und davonstiebender Ziegenherde. Von dem Betonweg zweigt dann ein Stück des alten Marmorweges ab, ähnlich dem byzantinischen Weg von Levkes nach Prodromos, der an der vor dem Kloster gelegenen weißen, von schwarzen Zypressen umgeben Kirche endet.

Hier stehe ich vor einer abweisenden Klosterfassade, die nicht nur wie eine Wehrmauer das Klosterinnere, sondern wie ein Staudamm den Zugang zum Tal versperrt. Zwei Touristen haben schon an der Pforte geklopft. Ich habe mich nicht sofort angeschlossen, sondern mich etwas abseits hingesetzt und gezeichnet, ich sah nämlich rechts vom Tor das große Schild, welches auf das Tragen züchtiger Kleidung hinwies, Shorts gelten nicht als schicklich. Außerdem weißt das Schild auch weibliche Besucher zurück, weswegen die weibliche Besucherin draußen vor der Tür verharren mußte, allerding getröstet durch ein frommes Traktat. Nach einer halben Stunde trat der weißhaarige Mönch mit dem männlichen Besucher wieder vor die Tür. Mit tadellosem Englisch wies er mich auf die zwei Gründe hin, die gegen meinen Besuch im Kloster sprächen: 1. die kurzen Hosen und 2. die Zeit - denn man würde jetzt um 12 schließen, wenn ich morgen wiederkommen wolle, sei ich herzlich willkommen. Nichts sprach allerdings dagegen, auch mir lutherischem Abweichler ein kleines Tablett mit einem Gläschen Zuma, einem Glas Wasser und zuckersüßem Gliko zu reichen. Dann knarrte die Tür, nachdem er noch eine Menge gesprochen hatte, Engländer von Geburt, aber nun Grieche, was bedeutet das schon vor Gott?!

Das Touri-Auto verschwand - es herrscht eine Spatzenzwitscherstille! Flimmernde Mittagshitzenstille. Ich saß noch lange auf dem Platz vor der Fassade im Schatten eines Eukalyptusbaumes und wartete darauf, daß die weiße Fläche mit den vielen kleinen Vorsprüngen der Steine von der Sonne gestreift würde. Ich hatte mit einer halben Stunde gerechnet, doch es wurden anderthalb daraus. Erstaunlich ist, wie auch im Schatten Licht der Bodenfläche auf eine Wand reflektiert wird, sozusagen Licht von unten. Und plötzlich beginnt es an einigen Stellen, die sich zu weit vorbeugen, fast an zu glitzern. Immer mehr, bis sich lange Schatten von Gesimsen und Strukturen abzeichnen.

Man erlebt etwas, wenn man stehen bleibt. Einfach stehen bleiben, vor einem Haus, in der Landschaft, die an dieser Stelle unglaublich schön ist, ist ein Luxus. Der Blick auf Naoussa; da hinten lockt Kolibithres. Hin! In der Taverne oberhalb des Strandes habe ich erst einmal frische Marides, Marouli-Salat und frisches Brot gegessen. Dazu misso kilo krassi! Mit dem Wein kann man auch den Anblick der Bauwut ertragen, wie sich die Restaurants, Tavernas, Café und Bars immer näher in die Felsen fressen. Die Tretboote haben wir ja bereits bejammert. Aber das Bad in dem wunderschönen Wasser entschädigt. Auch die Felsen bleiben immer, das beruhigt. Aufbruch um 4°° zur Abenteuerfahrt ganz außen herum an einem Steinbruch vorbei, in dem die Steinplatten für Straßen und Plätze gebrochen werden, auf schlechter Straße links der Berg, rechts steil abfallend, ganz unten das Meer - und der ganze Horizont voller Inseln! Πολι ορεια! Ziegen und Schafe. Glöckchenstille! Dieser Tag ist ein echter Griechenlandtag.

Am nächsten Tag ziehe ich mir die lange Hose an, um mich für den erneuten Besuch im Kloster zu rüsten. Sozusagen für meine Verabredung mit Bruder James, alias Jakobus. Keine 10 min mit dem flotten Gefährt. So nah und doch wie aus einer anderen Welt. Das Kloster innen ist so schön, wie ich es noch nie gesehen habe. Zuerst eine ganz klare Baukörperanordnung, dann aber voller Durchdringungen, Überschneidungen, Bogen auf Bogen, Treppen. Dagegen ganz streng die Anordnung der Zellen mit ihren Laubengängen zum Innenhof, ein Fensterchen zur Welt. Im Innenhof die Kirche mit rußgeschwärzten Gewölben, deren Ausmahlungen sind kaum noch zu erkennen sind. Daneben eine einzelne mächtige Zypresse. Jakobus hat mich allein herumlaufen lassen, nur in der Kirche saß er neben mir. Wenn wir uns begegneten, gabs ein paar Erklärungen. Ich inspizierte die Zellen, öffnete alle unverschlossenen Türen. Die Zellen sind sehr unterschiedlich eingerichtet, auch Mönche sind Individuen. Beim Blick in die Zelle des Abtes fällt mir ein Stapel mit Briefen aus aller Welt auf. Später saß ich noch unten im Eingangsbogen gegenüber seiner "Loge", trank Wasser und Zuma, die mir angeboten wurden und aß das süss klebrige Loukumia. Dabei sprach James in gepflegtem Oxford-Englisch über die Leute, die immer etwas wollten. Z.B. die schwarze alte Frau draussen vor der Tür. Sie wollte etwas zu essen. Was sie auch bekam. Sein Gesicht sah nicht sehr christlich aus. Ich glaube, seine Gedanken waren es auch nicht. Ich konnte das verstehen. Eine kleine zänkische Alte, die draußen herumlamentierte.

Geschrieben 07.11.2008, Geändert 19.11.2008, 3243 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von Richi vom 28.11.2008 17:54:03

Unglaublich!
Du bist und bleibst Architekt durch und durch.
Das Spiel des Lichts fordert von uns Geduld und gibt uns Kraft durch Ruhe.

Tolles Erlebnis, und das auf der Touristen-Insel Paros!

Gruß
Richi


Kommentar von Schalimara vom 26.11.2008 11:00:23

Sehr schöner Artikel - man sitzt fast neben Dir - und Du hast recht: "Man erlebt etwas, wenn man stehen bleibt..."

Gruß
Schalimara


Kommentar von O Amorgios vom 25.11.2008 15:19:03

Leider hatte ich dieses jahr vor verschlossenen Türen gestanden - na, beim nächsten mal.
Gruß
Frank


Kommentar von martinpuc vom 20.11.2008 09:33:10

Hallo Christo -

Danke für Deine schönen Artikel (auch die anderen). Man spürt überall den Blick und die Beobachtungsgabe des geübten Zeichners.

Gruß
MartinPUC