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Ach Georgioupolis!

Von Sigrid

Ach Georgioupolis, was warst du schön! 1981 waren wir das erste Mal bei dir, auf dem stillen Marktplatz unter dem großen Baum. Ein alter Kreter mit einem kleinen Obstkarren gab einem vorbeikommenden Kind einen Apfel in die Hand. Ein uralter Schafsbock ließ ein heiseres Blöken hören, um den Ankommenden zu begrüßen. Der Strand weit und still, manchmal haben wir dort in unseren Schlafsäcken übernachtet, den Sternenhimmel über uns und im Ohr das Meeresrauschen. Ab und zu kam der Dorfpolizist nachts vorbei und scheuchte uns hoch, da sind wir dann lieber zu Maria in die Taverne gezogen.

Im Jahr darauf - natürlich waren wir wiedergekommen - war derselbe Mensch dann plötzlich ganz freundlich und ließ uns in Ruhe in der Natur schlafen. Willkommene Überraschung! Auch der Schafsbock begrüßte uns wieder heiser und das alte Paar saß immer noch wie Philemon und Baucis vor seiner Hütte. Und am Abend dann das Sängerfest, die Griechen der Umgebung waren gekommen und tanzten familienweise in langen Reihen zu den Klängen der Lyra, und der Retsina floß in Strömen. Dann lockten andere Orte auf der schönen Insel, und es dauerte 10 Jahre, ehe wir wieder vorbeischauten, und wir wußten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten, als wir den Ort wiedersahen: Jubel-Trubel-Heiterkeit! Busladungen von Touristen ergossen sich auf den mit Autos vollgeparkten Marktplatz, Laden drängte sich an Laden (wir zählten allein 4 Juweliere!). Aus dem Kramladen war ein Supermarkt geworden, es gab Autovermietungen, Reiseveranstalter, Cocktailbars mit Leuchtreklamen, allenthalbe Gipsfiguren und Säulchen vor neu erbauten "Studios". Die Tavernen waren brechend voll mit Pauschaltouristen, die von den Hotelburgen der Nordküste herangekarrt worden waren, um ein "original griechisches Dorf" zu erleben. Der Strand war übersät mit Liegen und Sonnenschirmen, zerwühlt und zertrampelt.

Zum Glück war Maria mit ihrer Pension noch da, und wir konnten wieder unter dem großen Baum vor dem Haus unser Frühstück (Schafsjoghurt mit kretischem Honig) einnehmen, das sie uns verlegen lächelnd servierte. Am frühen Morgen, als ich durch das noch schlafende Dorf bummelte, entdeckte ich hier und da noch das alte Georgioupolis mit seiner Atmosphäre und war ein wenig versöhnt. Habt ihr euch das so vorgestellt, ihr Bewohner von Georgioupolis? Ich hoffe, alle haben von dem Segen profitiert, schließlich soll ja niemand in dörflicher Einfachheit leben, damit wir Städter uns wohlfühlen! Aber trotzdem...

Geschrieben 10.04.2006, Geändert 10.04.2006, 4428 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von kokkinos vrachos vom 12.03.2020 17:45:18

Moin und Kalimera, unter Kreta-Freunden gibt es ja so einige Orte auf der Insel die polarisieren: Plakiás, Frangokástello, Georgioúpolis, Kalamáki……

Bis 1906 hiess Georgioúpolis Almyropolis, nach dem Fluss Almyropolis. Davor war es lange Malaria-Gegend und Heimat von Piraten. 1906 wurde Almyropolis in Georgioúpolis (Georgsstadt) unbenannt, nach Prinz Georg, dem ersten Hochkommissar von Kreta.

Das ehemalige Fischerdorf und Treffpunkt der Rucksacktouristen (80er Jahren) hat sich touristisch zu schnell negativ entwickelt. Immer mehr größere Hotels und immer mehr All Inklusive und Pauschalurlauber.
Auch von der „gemütlichen ländlichen Atmosphäre“ (womit der Apokoronas Lokalanzeiger, Reiseführer der Region wirbt), kann keine Rede mehr sein. Exopoli/Exopolis wird immer mehr zugebaut. Hier sind in den letzten Jahren über ein dutzend hochwertige Ferienhäuser/Anlagen entstanden und haben den Ort optisch verschandelt.

Am langen Sandstrand Richtung Kávros, Kávros heisst jetzt Paralía Kournás haben sich in den letzten Jahren dutzende kleinere und größere Resorts und Luxus-Resorts angesiedelt, wie das Pilot Beach Resort. Der negative Höhepunkt ist die gigantische Resort-Anlage, Hotel Anemos Luxury Grand Resort. Das Bauprojekt war für mich der I-Punkt und hat den noch wenigen restlichen Charme von Georgioúpolis und Umgebung endgültig begraben. Ganz zu schweigen von der peinlichen Touristen-Bimmelbahn….

Und der touristische Bauboom in Georgioúpolis und Umgebung geht ungebremst weiter, in Planung sind zwei All Inclusive 5 Sterne Luxushotel, dass eine mit Wasserpark. Beide Projekte sind vom Umweltausschuss genehmigt.

Bei meinen besuchen in Georgioúpolis habe ich für mich festgestellt, dass ich in Georgioúpolis nicht das Gefühl habe an einem kretischen Ort zu sein. Durch den Süßwasserfluss/Hafen, den Eukalyptusbäumen, dem trostlosen Dorfplatz aus Beton mit dem Brunnen. Wegen dem Brunnen wird Georgioúpolis auch gerne Castrop-Rauxel genannt. Ein Kafenio suchte ich vergebens. Mir fehlt einfach der Charme in Georgioúpolis, der für mich so viele anderen Orte auf Kreta ausmachen.

Es ist natürlich alles Geschmackssache, mir gefällt Georgioúpolis überhaupt nicht, Tausenden gefällt Georgioúpolis und Umgebung. So ist das halt. Mich zieht es lieber in den Südwesten, in die Sfakia zwischen Frangokástello und Paleochóra.

Ta Leme, kv