Kretische Gastfreundschaft

Es war mal wieder nichts los auf dem Dorfplatz. Die Hühner gackerten ihrem Hahn hinterher, eine Katze fegte jammernd um die Ecke, die Zykaden in den Eukalyptus-Bäumen füllten die Idylle mit dem ohrenbetäubenden Geräusch ihrer schlagenden Flügel, um sich Kühlung zu verschaffen. Ich saß alleine am Tisch und las in meinem Zorbas. Ein kleiner Griechenjunge mit dem Namen Dimitrios kickte ein wenig mit seinem Ball und forderte mich zum Mitspielen auf. Nach einer halben Stunde wurde er aus der Ferne gerufen und verschwand.

Am Abend sahen wir uns wieder, und es stellte sich heraus, dass er der Sohn des Dorfpfarrers war, der jeden Abend mit den Dorfältesten bei Petros, also vor meiner Unterkunft, seinen Stammtisch abhielt. Ich wurde von Dimitrios und seinem Vater für den nächsten Tag zum Mittagessen eingeladen - ungewohnt bei dieser Hitze.

Dimitrios holte mich um 12 Uhr ab, ließ aber noch im Auftrag seines Vaters eine Flasche Wein bei Petros abfüllen. Beim Pfarrer oben an der Kirche angekommen, stellte er mich seiner Mutter vor, zeigte mir die kleine Landwirtschaft mit Hühnern, Kaninchen, usw.. Anschließend saß ich mit dem Pfarrer zusammen und genoss einen Tsikoudia. Währenddessen hörte ich einen Schlag, ein kurzes Quieken, und das mir kurz vorher präsentierte Kaninchen landete mir zu Ehren in dem Kochtopf. Es war zäh.

Als Gast reichte mir der Pfarrer das gebratene Herz, aber ich war nicht im Stande, das zu essen. Er war davon schwer betroffen. Es war das Zeichen größter Gastfreundschaft, und ich konnte sie nicht erwidern. Zumindest den Wein haben wir leer bekommen. Den Nachmittag habe ich dann am Strand verschlafen und abends war ich sicherlich der Spott der Seniorenrunde bei Petros. Der Kontakt zum Pfarrer war in jedem Fall getrübt und sollte nie mehr werden wie vorher.

Also orientierte ich mich in die andere Richtung, zu Georgia im Restaurant Panorama auf dem Berg Richtung Exopolis. Das war im Mai 1975. Davon bald mehr.