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Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen.
Geschrieben am 04.11.2003 13:21:15
Von MartinPUC 2111 x gelesen 6 Antworten |
Ooooh!!! - Gerade einen Anruf einer lieben älteren Dame aus Anópolis, Sfakiá, erhalten. Wunderschönes Wetter. Gestern Abend unten in Fínika/Phönix (da war sie der einzige Gast) ein unglaubliches Gewitter, wie sie noch keines erlebt hatte. Kein Schiff fuhr, wegen des starken Windes. Wurde von dem Mann, der die Kinder von Lykkos zur Schule bringt, im Auto nach A. mitgenommen. Wird nun 2 wunderschöne Tage da oben vor den Weißen Bergen verbringen dürfen! In der Taverne-Rent-Rooms an dem Platz mit dem Denkmal gegenüber der Schule/Telefonzelle. Wo man so gut isst, so typisch sfakiotisch. Mmmmm, auch der gute Rizógalo! Der super Wein, ....
Ein großes Glas Orangensaft. Ein großer griechischer Jaoúrti (Joghurt), Honig (Méli) geschickt in einem Ausgießglas mit Stopper verstaut. Viel Brot. Zwei Packungen Butter. Auf Wunsch und falls vorhanden zusätzlich ein oder zwei Spiegeleier (Avgá mátia), oder andere Varianten. Großer Becher Nescáfe, optional auch noch einen zweiten. Gegen Ende des Mahls noch eine gehäufte Ladung Stafília (Weintrauben), Karpoúsi (Wassermelone), schön hergeschnitten, bzw. frische Síka (Feigen), die man am besten mit der Haut isst, wie sie hier sagen. Schnell die Wanderschuhe angezogen, den Teleskopstab mitgenommen, etwas Proviant und viel Wasser. Tschüss, und auf gehts, wir verlassen unser Blütenparadies. Die Straße steigt an, einige Haarnadelkurven. Es gibt Abkürzungen. Kaum Verkehr. Rechterhand ein Haus mit Garten. Wir grüßen zwei Griechen. Die Häuser von Lístaros kommen näher und näher. Zu Füßen von Lístaros am Ort vorbei. Große Häuser rechts unterhalb der Straße. Eines davon gehört bestimmt dem Makler. Das Dörfchen selbst praktisch aufgekauft, in fremder Hand. Belgier, Schweizer, Franzosen, Deutsche, ..... Die meisten haben den örtlichen deutschen Häusermakler bemüht. Das Kafenío habe nur vormittags (sehr untypisch!) auf, wenn überhaupt. Trost: Unten an der Durchgangsstrasse, etwa 200 m außerhalb Richtung Berge, befindet sich gerade eine Taverne im Bau. Lebensmittel kann man aber nur in Sívas kaufen, etwa 2 3 km bergab. Weiter bergauf, bis rechterhand die Kapelle auftaucht: Ágios Eftychianós. Eingefriedet. Mit Aussichtsterrasse. Blick über die Ebene und hin zum riesigen Psilorítis-Massiv, westlich davon der nach Ost sanft abfallende, ansonsten steile, zerklüftete Kédros, prächtig anzusehen. Setzen wir den Schweißmarsch also fort. Ab hier ist es schon wieder flacher. Zwischen den Kuppen geht es hinein in das Bergland. Ein Stück hinunter. Große Rechts-, dann Linkskurve. Ab da ein neu geteertes, noch breiteres Straßenstück bis zum Marien-Kloster Odigítrias, wo die Asphaltstraße zu einem breiten Feldweg wird, der in vielen Kehren hinunterführt nach Kalí Liménes, dem verschlafenen Hafenörtchen mit den vorgelagerten Tank-Inseln für Ölimporte aus Libyen. Aus Richtung Pitsídia kommt ein Wanderpaar quer über die Böschung herunter, von einem oberen Feldweg. Ich erinnere mich an damals, als ich den Weg hierher auch von diesem ferneren Ort aus schaffte, zuletzt ein längeres Stück an einem Drahtzaun entlang, bevor es endlich irgendwie auf die Asphaltstraße vor dem Kloster herunterging. Kleinlaster mit schwarzen Wassertanks rauschen nun ständig an uns vorbei. Hirten, die ihre Herden mit dem kühlen Nass versorgen. Ein PKW mit kirchlichen Würdenträgern kommt uns entgegen. Gewaltige Schilder vor dem Kloster mit der schwarzen Madonnen-Ikone, das nun als DIE Touristenattraktion feilgeboten zu werden scheint. Auch ein Hinweis auf ein minoisches Gräberfeld hinter dem Kloster. Unterhalb des Hügels, nach Eintritt durch das untere Tor, ein Brunnenbecken, Wasserhahn zum Abzapfen für die Wanderer. Vieles wirkt wie neu, fast zu gut saniert. Das Alte ist auf den ersten Blick vielfach nicht mehr als solches auszumachen. Eine ganz neue Toilettenanlage. Der Pírgos, der Wehrturm, wird offensichtlich zum Museum umgebaut, er kann schon betreten werden, obwohl noch Baustelle, ist voller Píthi, den großen Amphoren. Einige durchlöchert, angeblich Türken-Gewehrkugeln. Die Tür zum Speiseraum im Osttrakt steht offen. Bauarbeiter werden wohl gerade verköstigt. Zwei Katzen warten auf Überbleibsel. Ein Mönch schreitet würdevoll heraus, durchquert den Hof und verschwindet in einem Seitentrakt. Noch eine kurze Besprechung mit einem etwa gleichaltrigen deutschen Wanderpaar, das sich auf der Bank über der Straße gegenüber dem Kloster niedergelassen hat. Sichtlich langjährige Kretafahrer. Er würde gerne weiterwandern, sie ist schon zu erschöpft und zu skeptisch. Wir nehmen den Abzweig gleich beim Kloster nach Südwest, einen guten Feldweg. Wollen sehen, wie weit wir kommen und rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit umkehren, um wenigstens wieder an der Teerstraße vor dem Odigítrias-Kloster zu sein, nur vielleicht 7 km von Sívas entfernt. So saugen wir dieses besondere Erlebnis förmlich in uns hinein, wenn auch ziemlich schwitzend. Erst einige leichtere Kurven, vorbei an einer Abzweigung zu einem Stall mit Tieren (Zóa) und einem uns verblüfft nachblickenden Hirten. Rechts die Serpentinen hoch. Voll beladene Bauernlaster stauben an uns vorüber. Ein Gefühl wie noch vor 15 oder 16 Jahren der Staubweg von Plakiás nach Lefkógia! Nur ohne Flusskrabben. Der Staubfahne ausweichen, auf der windmäßig richtigen oder zumindest der talwärtigen Straßenseite gehen. Oben angelangt, bald mehrere primitive Wegweiser. Der Weg nach Martsálo und Vathí ist hier noch derselbe. Nur zu einem Heiligen geht es in die andere, nördlichere Richtung. Vielleicht ein kleiner Weiler in der vielgekämmerten Berglandschaft zwischen Mátala und der äußersten Südspitze Kretas, dem Kap Líthino? Und Gottseidank eine paradiesische, weit geschwungene Landschaft auf dieser Hochfläche, mit kleinen Büschen und Büscheln, das riesige dunkle Kap mit dem fast 390 m hohen Gipfel und der weißen Kapelle immer vor unseren Augen. Schafland. Hirtenland. Land einsam dahinschwebender Vögel und Meerland, die salzige Luft spürbar, noch intensiver jedoch die Düfte Kretas, im Überfluss riecht es nach Pflanzen und Kräutern. Die Paximádia-Inseln grüßen bald aus ungewohntem Winkel herüber. C. marschiert tapfer, eine ideale Partnerin, keinerlei jammern oder Beschwerden, trotz noch ein wenig dahingrassierender, fast überstandener Grippe. Reinstes Wanderglück. Einige hundert Meter durch dieses Schaf-und Ziegenland mit einigen neugeborenen Jungtieren, dann wieder ein Gatter. Nun weiter auf freier Staubstraße und keine Beschilderung mehr, was zu Verwirrung führt. Von der traumhaften (wieder einmal ...) Wanderstrecke zweigt nämlich bald ein Weg nach links ab, und der sieht so aus, als ob er der Hauptweg wäre.Ich weiß nicht warum, aber ich glaube es nicht. Nicht das erste Mal, dass ich Instinkt beweise. Wir gehn also lieber geradeaus weiter, trotz Cs Zögern, unserer beginnenden Erschöpfung und der allgemeinen Unsicherheit, hin zu einer kleinen Fläche mit Steinen und Holzresten, wo der Weg zu enden scheint. Aber nein, er geht nach rechts weiter. Uns gegenüber wird eine Klippenwand ähnlich der von Mátala sichtbar, und am meerwärtigen Talende eine Art beginnender Canyon. C. meint, da führe kein Weg hinein. Ich sehe aber einen Einschnitt und bin fest davon überzeugt, dass es hier zum Meer geht. Wir gehen also die Wegschleifen aus, riskieren weitere 1,5 km nagende Ungewissheit, wieder eine Stallung rechts. Bald ist der Weiterweg zwischen Bäumen tatsächlich zu sehen, und ein gelbes, neugebautes Haus in der Schlucht!!! Immer mehr Häuser tun sich da unseren erstaunten Blicken auf, es sind etwa 8 bis 10, insgesamt, aber beim Vorbeigehen auf der anderen Seite des ausgetrockneten Flussbettes- ist keine Menschenseele zu sehen. Eine kleine private Brücke zu einem Haus. Schafe/Ziegen vor Türen auf Terrassen ruhend. Eine richtige Sommersiedlung, viel kleiner als etwa Agios Jánnis unterhalb von Kapetanianá, am Livikó Pélagos (ist Neutrum) gelegen. Aber eben da, präsent, Trost spendend. Ob die Taverne beim Strand wohl aufhat? Da kommen doch angeblich auch Ausflugsboote aus Mátala vorbei, Zwischenstation auf dem Weg zur Agiofarángo-Schlucht oder zumindest auf dem Rückweg, der letzten bedeutenderen Schlucht Richtung Kalí Liménes. Die Taverne hat zu, leider. Wohl zu spät im Oktober. Kunstwerke stehen stelenartig davor, und Tamarisken. Kurze Rast auf einer Bank an der Wand unter dem Terrassendach. Nach etwa 1 Stunde Aufenthalt müssen wir zurück, um nicht in die Dunkelheit zu kommen. Volle 3 Stunden haben wir vom Kloster Odigítrias aus bis hierher gebraucht ich glaub es kaum, vielleicht auch Irrtum. Für den echten, perfekt ausgerüsteten Wanderprofi wäre es nun wohl verlockend, einfach die Schlucht, das ausgetrocknete Flussbett Richtung Hinterland weiterzugehen, durch Gestrüpp, über Stock und Stein. Könnte ja gut sein, dass dieser Flusslauf mit dem im Seitental von Matala identisch ist. Wer weiß? Zwar gibt es auch auf Kriti Zecken (ticks, auf Englisch), aber die müssen nicht unbedingt so gefährlich sein wie die in einigen Gebieten unserer Heimat ..... Die richtige Entscheidung für uns. Wundervolle Spätnachmittagsbeleuchtung. Magisches Zauberlicht hüllt die Landschaft ein. Die schönste Stimmung, jeder Thaterbeleuchter könnte glücklich sein mit ihr. Konturen treten allmählich deutlicher hervor, auch die Zwieback-Inseln draußen vor Agia Galini und Matala. Wir bemerken, dass das frei weidende Vieh nun zusammengetrieben wird, in die Pferche gebracht. Einige Pick-ups, leider wiederum voller Leute und mit vollgestellter Ladefläche schwarze Wassertanks! holpern an uns vorbei. Kein Platz für uns. Vor der Villa K. in Sivas springen wir aus dem Pick-up. Geschafft! In dem Bewußtsein, Volltrottel zu sein und nichtsdestotrotz merkwürdigerweise irgendwie geachtet zu werden, ziehen wir uns jeder auf sein Zimmer unter die Dusche zurück, den Tschähdross im Kopf, eine kommende Großtat, die Anstiege mit Sicherheit wesentlich ausgeprägter und steiler als heute. Ob wir wohl Adler sehen werden? Ach, es geht doch nichts über ein gutes, ausgedehntes Frühstück, und einen Schluck Bauernwein mit Fistítscha (Pistazien) zur Mittagszeit.
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Thema | Autor | Datum |
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Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen. | MartinPUC | 04.11.2003 13:21 |
Re: Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen. | Christina | 04.11.2003 17:27 |
Re: Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen. | Marianne aus K. | 05.11.2003 10:29 |
Re: Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen. | MartinPUC | 05.11.2003 10:41 |
Re: Von Sívas nach Vathí. Eine Wanderung abseits gängiger Routen. | Strandfee | 05.11.2003 12:52 |
Re: Wanderungen abseits gängiger Routen - egal wo, Hauptsache GR | MartinPUC | 05.11.2003 13:05 |
Re: Wanderungen abseits gängiger Routen - egal wo, Hauptsache GR | Strandfee | 05.11.2003 14:45 |
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