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Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht

Geschrieben am 01.10.2003 20:20:05

Von
orfani
orfani

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3 Antworten

Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht


Die folgenden Ausführungen sind subjektiver Natur. Es sind Berichte, Erlebnisse und Gedanken, wir wie sie sehen. Jeder kann natürlich zu Hellas oder Kreta seine eigenen Ansichten haben. Wir würden uns trotdem freuen, ein paar Feedbacks zu erhalten. Zu einigen zu kurz gekommenen Ansätzen sind wir gern bereit, nähere Auskünfte zu geben.

Anfang August – endlich geht es los Richtung Greece, immerhin schon zum 13. Mal.
Da es Sonnabend ist, haben wir drei kaum LKW – Verkehr. Dennoch verfallen wir keinem Geschwindigkeitsrausch, entspannt ankommen ist das Ziel, also Marschgeschwindigkeit etwa 120 – 140 km/h.
Die Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei führt uns immer wieder vor Augen, wie ein Land entgegen einem Bevölkerungsmehrheitsbeschluß abgespalten werden kann.
Der erste Aufreger in Ungarn: Obwohl der Erwerb der Vignette und deren Dauer auch en Detail in deutscher Sprache ausgewiesen sind, stellen sich die Leute teilweise wie Erstklässler an.
4 Millionen Analphabeten sollen sich unter den Erwachsenen Deutschlands befinden, mindestens die Hälfte davon scheint heute in Urlaub zu fahren. Dazu kommt noch ein Teil der Österreicher, die sich mindestens genauso anstellen und die sich dann auf der Autobahn von frommen Lämmern ( die sie in ihren eigen Staatsgrenzen
mimen ) in rücksichtlose Bestien verwandeln.
Ganz nebenbei frage ich meinen langjährigen Mitfahrer Stephan, wie sein Bruder Christian so fährt. „ Ein Heizer" lautet die Antwort und wir beschließen, uns bis Kreta wie immer die Fahrt zu zweit zu teilen.
Abends passieren wir einen neuen Grenzübergang in Mako nach Rumänien in Richtung Timisoara. Dem Personal merkt man an, dass es schon für die EU –Erweiterung geschult ist.
Von der ganzen Abfertigung her, vom guten Englisch und den deutschen Standardfragen.
Und wenn man sich das entstehende Terminal anschaut, macht das mehr Lust auf kommende Reisen.
Wie üblich durchfahren wir noch Timisoara und übernachten dann bei Recas in Freien.
Gemeinsam mit drei heimkehrenden jugendlichen Landarbeitern trinken wir noch 2 Flaschen Wein und schlafen fest bis am Horizont erste Helligkeit zu sehen ist.
Anderentags wird die Fahrt dann abwechslungsreicher und interessanter, aber das ist auch kein Wunder in einem wunderschönen Land mit seinen schmucken Dörfern, Kirchen und seiner umwerfenden Landschaft. Und obwohl die Benzinpreise auch hier angezogen haben, macht das Tanken für 58 Cent immer noch Spaß. Der Vorsatz, mal 10 Tage ausschließlich in Rumänien Urlaub zu verbringen wird immer fester.
An der Grenze in Calafat müssen wir ein wenig Wartezeit in Kauf nehmen zwecks der Fähre über die Donau nach dem bulgarischen Vidin. Aber das gibt uns auch die Zeit, etwas ausgiebiger zu essen und zu entspannen.
In Bulgarien das Übliche – bis Mihailovgrad schlechte Straßen, dann die Fahrt über den Petrochan – Paß nach Sofia und ab der Abfahrt nach Kulata ruft in 162 Kilometern schon Hellas. Der griechische Zöllner ist schon etwas erfreut, als er die mehrjährigen Stempel in unseren Pässen entdeckt und meine griechische Fahne im Auto sieht. Bei der Ankunft sind wir dann doch etwas geplättet ob der Neuigkeiten. Unser Freund Padajot hat seine Taverne samt Gelände auf fünf Jahre vermietet.
Dennoch heißt es erst mal essen, Retsina + Zipouro trinken und schlafen.
Im Hellen wird uns dann das gesamte Ausmaß der Veränderungen bewusst und für uns ist es eine Katastrophe. Die Strandbar aufgepeppt, am Strand selber wie mit der Wasserwaage ausgerichtete Liegen und Sonnenschirme und monotones Chart – Gehacke aus vorsintflutlichen Lautsprechern von 11.00 Uhr bis früh 5.00 Uhr.
Die Betreiber und Saisonkräfte können absolut nicht begreifen, dass wir die ruhige Gemütlichkeit eindeutig besser fanden.
Als absoluter Höhepunkt hat noch ein verglastes Maklerbüro auf dem Gelände seinen Sitz gefunden !
Okay, wir sind nur ein paar Tage im Jahr da und haben nicht das Recht zu urteilen, wer wie sein Geld verdient. Ein wenig ernüchternd ist es dennoch.
Wir besuchen unsere Freunde im Dorf und endlich bekommen wir bei Padajot den so lange vermissten Zipo.
Ansonsten bleiben die Ausflüge nach Thassos, Kavala samt der Besichtigung der Burg und des Äquadukts und nach Ouranopoli ( Himmelsstadt, hier verläuft die Grenze zur halbautonomen Mönchsrepublik Athos). Abends spielen wir viel Schach und quatschen mit unseren Freunden.
Auf der Fahrt gen Pireus machen wir noch ein Break nach Meteora und seinen imposanten Klöstern.
Das griechische Straßennetz ist inzwischen super ausgebaut worden die letzten Jahre, nur auf der A1 nahe Pireus wird es zeitweise so hektisch, das der hinter mir sitzende „ Heizer" mehrmals lautstark sein Veto einlegt.
Tickets besorgen, Essen + Trinken packen, Schlafsäcke zusammensuchen, Auto ins Fährdeck einparken, Schlafplatz an Deck aussuchen und dann dem geordnetem Chaos zusehen – so vergeht die nächste Stunde. 21.30 Uhr geht’s dann los.
Wir werden nie begreifen, warum man im Sommer für eine Überfahrt nach Kreta eine Kabine buchen oder bei Salzluft die schickesten Klamotten zur Schau stellen muss.
Egal, nach kokkino krassi und Zipo schlafen wir ein.
Pünktlich bei dem ersten Leuchten der Lichter Kretas wache ich auf. Es ist diese jährliche unbekannte Sehnsucht und das Gefühl, eigentlich schon immer hier heimisch gewesen zu sein.
Nach dem Auschecken stehen wir 7.30 Uhr im Camping Gouves zum Frühstück auf der Matte. Und so nach und nach folgt das große Wiedersehen wie jedes Jahr mit Antigone, Christina, Dmitri, Nick und ihren Eltern, mit dem Pariser Banker Guiseppe und seinen Freundinnen Eilen und Carina.
Dazu kommen dieses Jahr noch der Albaner Shaldan und Maria aus Rumänien, die auf dem Campingplatz jobben.
Wir beziehen unsere Hütte, laden unser Auto aus und als wir dann alle beim Fisch sitzen, den Stavros heute Morgen gefangen hat und wir uns gegenseitig Wein nachschenken, wird zumindest Stephan und mir bewusst – wir sind endlich wieder zu Hause!
Glück für uns auch, das die Wellen ziemlich hoch sind und sich somit das Schwimmen und Tauchen gehen richtig lohnt. An „ unserem" Strandabschnitt kann uns kein hektisches Gepfeife von Rettungsschwimmern hindern, soweit wie möglich hinauszuschwimmen und sich wieder hinaustragen zu lassen.
Okay, bis Dia wollen wir nicht und Respekt vor dem Meer haben wir – andererseits ist es ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man von der Strömung willenlos mitgerissen wird.
Das Gefühl des Ankommens wird am Abend noch verstärkt, als wir nach Pano Gouves essen fahren.
Schon nach dem Aussteigen aus dem Auto höre ich aus dem ersten Stock ein vertrautes kali spera und das Wiedersehen mit Aymilia und Michaelis ( mit unseren seit Jahren zwei Stangen Zigaretten als Geschenk) gestaltet sich wie immer herzlich.
Ich sehe vertraute Gesichter wieder. Ein begrüßendes Kopfnicken des Papas´des Dorfes, ein erster Smalltalk mit dem altersweisen Nicholas. Und auch mit den Betreibern der neuen Taverne „ Bachos" ein erster Austausch von Neuigkeiten.
Das Essen einfach umwerfend – doch dies ist schon beinahe frevelhaft zu erwähnen.
Der Tsikoudia fließt und erstaunt stellen wir fest, dass uns immer mehr griechische Wörter einfallen.
Und natürlich Voula – die stolze, faszinierende Kreterin ! Als ich sie sehe, begrüße und wir die ersten Worte wechseln, lasse ich mich in die Erinnerung fallen......
Wie war das vor sieben Jahren, als wir uns kennenlernten?
Gespräche über Risi, Brame, Harris, Helsing, über Paralleluniversen, minoischer Mystik und Wahrhaftigkeit, aber auch über unser Leben, unsere Jobs und andere Belanglosigkeiten unseres Daseins.
Ich habe noch immer den leisen Verdacht, sie könnte ein verzauberter Engel sein.
Wenn sie spricht, ist der Augenblick zum Festhalten nahe und wenn in jenen Augenblick die Welt unterginge, bin ich überzeugt, sie ginge ohne uns unter.
Wir haben uns vor Jahren auf Chrissi Iland gegenseitig die Seelen zu Füßen gelegt und zusammen geschwiegen…
Nun ist sie seit vier Jahren gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Jorgos Besitzerin einer Bäckerei, ebenso lange mit ihm verheiratet und uns bleibt oft der Reiz des Ungesagten.
Aber wenn wir uns begrüßen, bemerken auch völlig Fremde unsere absolute Seelenverwandschaft.
Weit nach Mitternacht fahren wir nach Kato Gouves zurück.
Christian fragt, was im „Totem" läuft und wir zeigen ihm die austauschbaren Gesichter und die hausgemachte Animation.
Die geschenkte boukali kokkino krassi schmeckt dann am Meer dafür so, als hätte uns Dionysos persönlich den Drink gemixt.
Bei einem wahren Feuerwerk an Sternschnuppen überträgt sich das Feeling auch in meine Träumerei. Ich höre Musik und versetze mich in kretische Bergdörfer.
Ich esse Salat und ernte die Tomaten dafür. Ich bestaune die minoischen Ausgrabungen und tanze mit dem Minotaurus.
Die am anderen Morgen einsetzende Gegenwart veranlasst uns Kontakt zu Stephans niederländischem Arbeitskollegen Rob aufzunehmen. Der urlaubt samt Familie seit zwei Wochen in Kokkino hani.
Ein wenig hat er auf uns gewartet, weil ohne Fahrerlaubnis Kreta erkunden doch etwas schwierig ist. Warum sie es allerdings in 15 Tagen nicht mal mit dem Bus bis Iraklion geschafft haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wir machen uns bekannt und lernen gleichzeitig so die Betreiber vom „JOY" kennen. Christo ist Halbgrieche und Halbniederländer, seine Freundin kommt aus Paderborn. Interessante Aspekte wabern durch unsere Gespräche. Beide reden vorsichtig von einer schwierigen Touristensaison. Christo äußert sich zynisch über die lebenden Toten in den Betonburgen, die meistens all inclusiv gebucht haben und sich dann über das allabendliche lustlos servierte Einheitsessen mokieren.
Die nichts weiter sehen als klimatierte Zimmer und Strand. Er versteigt sich zu der Annahme, dass 90 % der Touristen würden so ihren Urlaub auf Kreta verbringen.
Ich weiß nicht, ob die Prozentzahl so hoch ist, insgesamt muß ich ihm Recht geben.
Es ist schon nicht mehr belustigend zu beobachten, wenn Neuankömmlinge und vor allem Abreisende zu faul sind, 80 Meter von Hotel oder Pension bis zum Bus mit ihrem Gepäck zu bewältigen. Lieber nehmen sie den größeren Zeitaufwand in Anspruch, in welchem sich der Busfahrer von Tor zu Tor auf Nebenstraßen quält und sich wieder in den fließenden Verkehr der Hauptstraße einordnen muß.
Christo hat versucht, kretische Küche anzubieten, die Leute wollen lieber Hamburger und solchen Quatsch. Warum machen sie dann in Griechenland Urlaub? Für mich gibt es darauf keine Antwort.
Zum Essen können wir gemeinsam fahren, auf kurzen Strecken hält mein Auto hoffentlich sechs Personen aus.
Obwohl ich viel von Rob`s Trinkfestigkeit gehört habe, „ seifen" wir ihn an diesem Abend ganz schön ein.
Am nächsten Tag steht Matala auf dem Programm. Zwar hatten wir fest ein zweites Auto gemietet, aber was zählt der Vertrag vom Vortag, wenn jemand mehr Geld bietet?
Wir haben schon mit einigen Bekannten diskutiert, was es für Gründe gibt für das Ausbleiben von Touristen und somit auch für einige geldliche Eskapaden dieses Jahr.
Da wäre zunächst die Irak - Krise, die vor allem US - Touristen abhält. Gut, das ist noch ein positiver Aspekt. Einige sind wirklich so blöd zu glauben, dass der in den Medien geisternde Aufenthaltsort von Saddam Hussein Crete` gleichzusetzen mit Kreta sei.
Dann kommt die Angst vor SARS - Frage für mich, wollen manche Menschen ewig leben? Und warum negieren sie dann andere Gefahren?
Drittens ist natürlich eine Teuerungsrate auch gerade mit dem Euro auch in Griechenland nicht zu verleugnen. Ein Preisparadies ist Hellas schon lange nicht mehr, aber die Griechen könnten für ihre endlose Preistreiberei auch einmal eine schallende Ohrfeige erhalten und das langfristig. Die wenigsten haben inzwischen begriffen, dass nur der Tourist ein guter Tourist ist, der wiederkommt und nicht der, der einmal viel Geld daläßt.
Wenn ich mir überlege, dass wir Anfang der 90 er Jahre für unsere Hütte samt Auto 12 DM gelegt haben und es heute 18 Euro sind - dann hat dies auch für mich einen eindeutigen Hinweis an Dmitri zur Folge, dass ich mir, wenn die Preise für mich so bleiben, nächstes Jahr eine andere Unterkunft suchen muß. Mal sehen, wie sich die Abrechnung gestaltet.
Und nicht zuletzt sollten die Hellenen vielleicht mal begreifen, das weniger manchmal auch mehr sein kann.
Aber trotz aller Gedanken brauchen wir ein Auto, nach 20 Minuten finde ich bei Sofia ein günstiges Angebot und wir können starten.
Immer wieder wunderschön der Ausblick nach der Durchfahrt Agia Vavara auf die Mesara - Ebene und das Lybische Meer. In Gortys der erste Halt - ich erkläre die ältesten Gesetzestafeln Europas mit ihren noch für heutige Verhältnisse fast revolutionären Paragrafen ( keine Todesstrafe und vor dem Gesetz Gleichberechtigung der Frau ! ) und die Titusbasilika.
Wenn ich die Augen schließe, beame ich mich förmlich in jene Zeiten. Einzig die 4 Euro Eintritt sind da irgendwie fehl am Platz.
Der zweite Stopp in Festos. Ich bin schon erfreut, dass sich unsere Company nach meinen Ausführungen für diesen Palast entschieden hat und nicht unbedingt das hollywoodähnliche Knossos sehen wollte. Da Stephan und ich Festos bereits mehrmals gesehen haben, drücke ich Rob die ausführlichen Ausführungen von „Road Edition" in die Hände und wir genießen die nächsten 90 Minuten bei Frape`in einer Taverne in Agios Ionis. Das fast greifbare Massiv des Ida - Gebirges und der Blick auf die Mesara haben schon etwas Berauschendes.
Bis Matala sind es nurmehr ein paar Minuten. Der Strand soll einer der schönsten in Europa sein, das Gefühl habe ich in den letzten Jahren jedoch nur einmal erlebt - und das war Ende Oktober. Ich kann den zusammengepferchten Liegen nichts abgewinnen und zeige meinen Begleitern die Höhlen. Allerdings bin ich auch hier nicht gewillt, nochmal Geld zu legen.
Ich gebe ihnen nur den Rat, bevor sie eine Höhle betreten, auch einmal kurz Andacht zu halten, das hier bereits in vorchristlicher Zeit Menschen gelebt haben. Das in den 60 er, 70 er und frühen 80 er Jahren Menschen einen wirklich freien Traum leben wollten. Und das ein zweifelhafter Rucksacktourismus dieses Feeling für immer zerstört hat.
Ich schlendere zur Matala Art Galeria und habe Glück, das ich gerade Cabrio antreffe. Ein längeres Gespräch und stöbern in den Arbeiten, bis ich mich für den minoischen Kalender von Fritz entscheide. Dieses Geschenk kann ich gerade noch so umgehen, indem ich 8 Euro als Spende gebe. Das er auch nicht einen einzigen Namen der weiblichen Aktmodelle rausrücken will, ist natürlich bedauerlich.
Zu Scotty hat er leider keine guten Nachrichten. Der hat in einem Anfall geistiger Verwirrung seine eigene Höhle angezündet und mußte von der Polizei in ein Krankenhaus gebracht werden. Der ständige Alkohol - meint zumindest Cabrio und wir nicken beide verstehend.
Ich setze mich wie jedes Jahr in die Taverne gegenüber und esse zum fruchtigen Rotwein den seit Jahren besten Thunfischsalat des gesamten Universums.
So langsam treffen auch die anderen ein und wir versprechen, wir kommen nochmal vorbei dieses Jahr. Im Übrigen haben sowohl Rob`s Frau Petra als auch sein Sohn Jeremy einige Probleme mit dem kurvigen Gelände und dem ständigen auf und ab.
Kurz nach Aghia Dheka stehen drei Tramperinnen am Straßenrand. Sie sind deutsch und wollen nach Ammoudara bei Iraklion. Wir schauen uns unsere geplante Rückfahrtroute auf der Karte an und sie nehmen das Angebot an.
Da sie unser deutsches Nummerschild nicht bemerkt haben, reden wir englisch. Irgendwann checken sie es dann doch und sind erstaunt, dass wir mit dem eigenen Auto hier sind. Als ich ihnen vorrechne, wieviel Geld wir dadurch sparen und wieviel Eindrücke mehr wir gewinnen, staunen sie noch mehr. Sie laden uns zu einer Party in ihrer Hotelanlage ein, aber da lehnen wir unisono ab. Vielleicht noch Eintritt zahlen, Drinks ausgeben - nein danke, dann lieber tschüß, eine Stunde Meer und ab 22.00 Uhr gepflegtes Essen.
Der 11. August - mein Geburtstag jährt sich zum 42. Mal. Wann ich den zuletzt in Deutschland gefeiert habe, weiß ich schon gar nicht mehr. Stephan + Christian machen sich etwas Gedanken ob eines fehlenden Geschenkes, aber das beide die tolle Zeit mit mir zusammen genießen und die Finanzen gleichberechtigt teilen, ist mehr als jedes Geschenk.
Nach dem Frühstück ( bekommen wir zwecks dieses Tages kostenlos ) starten wir erstmal Richtung Agios Nikolaos. So schön die Stadt auch ist samt ihrem Postkartenmotiv mit dem Mischwassersee und Kanal zum Meer, das penetrante Gebuhle um die Gunst der Touristen in den Tavernen rings um den See geht mir jedes Jahr auf die Nerven.
Auf dem Weg nach Plakia noch ein kurzer Zwischenstopp wegen der herrlichen Sicht auf die Mirabello - Bucht.
Dann geht es etwas ins Hinterland Richtung Drepani Kap und zu den Klöstern Agia Andrea und Aretiou. Bedauerlich auch hier, in welcher Kleiderordnung einige Touristen in eine fremde Welt eindringen. Denen wäre wahrscheinlich in Badeklamotten auch nichts heilig, in Deutschland und anderswo latschen sie aber so nichtmal in den Supermarkt.
Zuvor der Blick von oben auf Spinalonga ist natürlich der imposantesten einer gewesen.
In Nofalias begrüße ich Manolis in seinem Kafenion, ich empfehle Joghurt mit Honig samt Retsina und erfrischendem Frape`. Natürlich ist ein Gepräch mit ihm Pflicht, denn die vor Jahren festgestellten Übereinstimmungen in unseren Ansichten bedürfen einer weiteren jährlichen Auswertung. Er war 15 Jahre Barkeeper auf Mykonos, bis auch ihm auffiel, dass das wirkliche Leben ein ganz anderes ist und andere Werte wichtig.
Frage, was der Mensch wirklich benötigt - essen, trinken, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Und eben nicht ständig gehorchen, den Rücken krumm machen und auf der Welt zu sein, um ausschließlich zu arbeiten und Geld zu scheffeln.
Bevor wir weiterfahren, trinken wir gemeinsam noch einen Tsikoudia. Der ist gut und kostet nichts, denn für Manolis existiert die kretische Gastfreundschaft tatsächlich noch.
Unsere Weiterfahrt wird etwas gebremst, da es Jeremy nicht so gut geht. Vielleicht ist eine Tagestour für ein sechsjähriges Kind auch zuviel. Doch dies ist das zweischneidige Schwert für Rob. Einerseits möchte er soviel wie möglich von Kreta sehen, andererseits weiß er, dass sowohl Petra als auch Jeremy kurvenreiche Strecken absolut krankmachen. Und sich mal für einen Tag trennen ist nicht drin. Also müssen sie damit leben, das die Route bisher nur der Anfang war.
Nach Neapoli geht es aufwärts Richtung Lassithi Plateau. Prachtvolle Landschaft, nach jeder Kurve gibt es Neues zu entdecken, obwohl ich die Strecke schon zigmal gefahren bin.
Ist auch ein Vorteil, weil man immer ein wenig für ein Großteil der Fahrer mitdenken muß, die sich einen Roller oder ähnliches gemietet haben und damit Spaß haben wollen, ohne die Gefährte zu beherrschen. Für Fun auf der Straße habe ich kein Verständnis, wer das will, sollte dann doch lieber am Strand bleiben.
In Psychro gebe ich zur Dikti – Höhle, in welcher Zeus aufgezogen worden sein soll, ein paar Erklärungen. Dann fahre ich mit Stephan Salat essen. Wir haben keine Böcke, Geld für parkende Autos auszugeben und noch mal Eintritt zu legen für die Besichtigung der Höhle. Ja, noch Mitte der 90 er Jahre gab es dies alles gratis. Eben auch eine touristische Entwicklung.
In Ambelos Afhin der nächste Stopp, alte Windmühlen bestaunen. Hier sollte der der Staat Verantwortung zeigen und für den Erhalt dieser technischen Denkmäler Geld von Touristen verlangen ! Und nicht Shops mit touristischen Kinkerlitzchen zu überhöhten Preisen hofieren.
Was bin ich froh, dass es mir noch vergönnt war, drei dieser Mühlen in Betrieb zu sehen vor 10 Jahren. Ich genieße den grandiosen Ausblick auf die in den Tälern liegenden Dörfern und die bizarren Bergmotive. Für mich hat das Verharren und Betrachten fast etwas Heiliges. Jedenfalls ist es absolut gut für meinen Spirit und für meine Energien. Auf der Rückfahrt geben wir in Mohos noch Bescheid, dass wir am 15.08. zu viert erscheinen. Danach schauen wir hoch oben auf einen Teil der Nordküste, ein wirklich grandioser Blick. Wie sagte doch Stephan vor fünf Jahren, als er erfuhr, dass ihm das Arbeitsamt aus ziemlich dubiosen Gründen für 3 Monate das Geld entzog? „ Was sind schon drei Monate Geldentzug gegen diesen Ausblick ! Was stören Termine, wenn wir jeden Tag Tomatensalat mit Schafskäse bekommen ? Diese gehirngesteuerten Arschlöcher in ihren selbstverordneten Gefängnissen, die am Monatsende beim Blick auf ihr Konto ihren einzigen Höhepunkt haben, werden das wohl nie begreifen."
Im Übrigen hat Stephan zwei weitere Stopps einlegen müssen, weil sich Jeremy übergeben musste. Als er jetzt von seinem Bruder erfährt, dass das Kind bei der Höhle ein Baguette mit Schinken und Cola bekommen hat, ist Schluss mit lustig. Er gibt Rob ausdrücklich zu verstehen, dass er heute Abend das Auto zurückgibt und auf die nächsten zwei Tage Fahrerei verzichtet.
Das Geld sehen wir dafür zwar nicht vollständig wieder, aber das ist egal.
Bei der Abfahrt nach Stalis sehen wir den Ausbau der New Road 2 mit allen Vor- und Nachteilen. An der Küste entschließe ich mich, die „alte" New Road zu nehmen und wenigstens den Erstkretaurlaubern mal Chersonissos zu zeigen. Vielleicht empfinden die Jüngeren das Flair ja anders als ich. Als wir schließlich durch sind, winkt selbst Christian ab und meint, hier nicht unbedingt noch mal herzumüssen.
Aymilia hat heute auf meinen Wunsch Ziege gebraten, schmeckt phantastisch. Ich lade logischerweise all meine Freunde zum Trinken ein, obwohl ich weiß, dass Namenstag auf Kreta einen wesentlich höheren Stellenwert besitzt als Geburtstag.
Dennoch sind die Gespräche, die Jokes und auch das gemeinsame Essen und Trinken eine absolute Bereicherung.
Ich habe erfahren, dass durch den Bezug unserer Hütte zwei Griechen diese verlassen mussten. Da sie sich jedoch noch auf dem Zeltplatz befinden, will ich unbedingt mit ihnen reden. Gelingt uns dann auch und wir stellen fest, das es Anarchisten sind, was sie noch symphatischer macht. Leider nur müssen sie morgen weiter, so das ein längerer spannender Gedankenaustausch für diese Jahr vorerst unterbleiben muß.
Neben unserem Domizil wohnt ein junger Grieche mit einem Husky. Während ersterer ständig auf Droge ist und von Mittag bis 3.00 Uhr in der Bar abhängt, bleibt letzterer in den 7 m² bei brütender Hitze eingesperrt. Das Bellen und Winseln macht nicht nur uns betroffen bis wütend. Aber es ist eben „nur" ein Hund. In dieser Beziehung sind die Kreter kein Vorbild.
In Pano Gouves gibt es heute einen „Kretischen Abend" mit extrem lauter Live – Mugge für eine irische Gesellschaft.
Den schönen Glauben, dass vielleicht im Sommer Einheimische zur Belustigung von Touristen tanzen, zerstöre ich freilich einigen. Aber wenn sie vielleicht selber nachdenken, würden sie auch dahinter kommen. Sie bezahlen extra für ein geplantes Event und in der Saison hat kein Kreter Zeit, abends für irgendwen zu tanzen Das macht er auch so nicht. Wenn er oder sie tanzt, dann in erster Linie für sich und in seiner Gemeinschaft.
Zu den Animateuren habe ich ein gespaltenes Verhältnis. Ich weiß, wie hart ihr Job ist und wie wenig sie dafür verdienen. Allerdings kann ich über Urlauber, die auch noch in ihrer freien Zeit von irgendjemandem geführt werden wollen und alles vorgesetzt und vorgekaut haben wollen, nur lachen. Und dies würde mir auch als Animateur so gehen.
Am nächsten Tag steht die lange Tour nach Zakros bzw. Kato Zakros auf dem Programm. Wer schon einmal längere Strecken auf Kreta unterwegs war, weiß sicherlich, dass Kilometerangaben absolut relativ sind. Die Strecke ist mit allem gespickt, was Kreta so zu bieten hat. Unberührte, urige Landschaften, abenteuerliche Gebirgsformationen, aus dem Boden gestampfte Hotelburgen und sogar mal die Police in Aktion zwecks Geschwindigkeitskontrolle. Wobei bei 60 km/h Beschränkung und tatsächlichem Speed von 105 km/h noch gar nicht passiert. Insgesamt empfinden wir die griechische Fahrweise wesentlich entspannter als in Deutschland, weil niemand stur auf seine rechtlichen Regelungen beharrt.
Vai lassen wir im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, ich zeige Stephan und Christian nur die Bananenfelder, auf welchen ich 1994 einige Zeit gearbeitet habe. Meine diesjährigen - zugegebenermaßen vorsichtigen - Anfragen nach Arbeit sind bisher allerorten abschlägig beschieden worden.
Die Wanderung durch Death Valley nach Kato Zakros ist immer wieder eindrucksvoll, vor allem, wenn man von Kato Zakros zurüchfährt und noch einmal auf den Ausgang der Schlucht zurückschaut.
Logischerweise schauen wir uns die die Ausgrabungen in Kato Zakros an und wir versuchen Querverbindungen herzustellen zu den Aussagen von Fritz und seiner Deutung der Doppelaxt von Kato Zakros.
Immerhin werden es an dem Tag dann doch 450 Kilometer und wir sind froh, abends im Meer ein wenig ausruhen zu können.
Der Abend indes wird lustig. Erst lernen wir eine französische Jugendgruppe kennen und kommen wenigstens mit Jeremy, Melanie und Yasmin in Kontakt. Gut, wir haben kostenlos Wein bei uns und Stephan + Christian haben ebenso Zigaretten dabei. Die Franzosen bleiben ein paar Tage hier, paar Tage dort. Keiner weiß so recht, wo sie von ihren Betreuern am nächsten Tag hingeführt werden. Dafür haben sie mindesten 300 Euro pro Person gelegt für drei Wochen. Mit der Sprache geht es am Anfang insofern, dass Christian ein paar Sätze Französisch spricht und einige mehr versteht. Zwei Stunden später erscheinen fünf griechische Punks, mit denen ich sofort kommuniziere und mein Autoradio anwerfe, um die passende Musik zu hören. Ist auch gut für mich, so kann ich mein „Touristengriechisch" wenigstens etwas verbessern. Wir verabreden uns nach dem Essen am Strand zu einer Party und die wird echt ausgelassen. Griechischer Punk ist auch für mich eine neue Erfahrung und sie wühlen in meinem mitgeführten Kassettenbeutel und finden unter den 80 Kassetten ab und zu auch etwas Passendes. Melanie und Jasmin verstehen und sprechen plötzlich auch englisch und durch die Musik bekommen wir auch Zulauf von weiteren Gästen. Das bedeutet, noch mal Wein holen, wir haben noch 5 Liter Vorrat. Während meinen Diskussionen bekomme ich gerade noch so mit, dass ein paar Franzosen und Griechen auf meinem Autodach tanzen. Nun stören uns die Verformungen auf dem Dach ebensowenig wie die Spuren auf der Motorhaube Ich gebe ihnen dennoch zu verstehen, dass ich mit dem Teil wieder nach Deutschland muss und keinen Bock auf ein Cabrio habe. Der Morgen graut schon, als wir völlig happy schlafen gehen, nachdem ich noch zwei griechische Punk - Sampler geschenkt bekommen habe.
Der folgende Tag wird selbstverständlich etwas ruhiger. Ich zeige Antigone, Nick und Guiseppe die Bilddokumentation des Hochwassers vom vergangenen Jahr, welches mich zu einer zeitigeren Abreise zwang. Immer wieder Kopfschütteln und eigentlich Unglaubnis des Geschehens. Schön wäre es, wenn die Menschen etwas daraus lernen würden. Aber wie in allem wird wird sich auch hier die Aussage von Fritz bewahrheiten, dass sich der Grad der menschlichen Dummheit aller fünf Jahre potenziert.
Am Nachmittag verabschieden wir die Niederländer Rob, Petra und Jeremy. Sitzen nochmal bei Judith und Christo und ihrem zugelaufenen Hund Joy und schlürfen lecker Bananenshake.
Ich verabrede mit Rob ein Wiedersehen im Herbst, wenn ich bei Freunden in Amsterdam bin.
Wir unterhalten uns noch mit Christo, auch was bei einem Erwerb eines Gebäudes auf Kreta zu beachten ist. Im Verlauf unseres Urlaubes fragen wir noch einige Bekannte und Freunde und haben ebensoviele verschiedene Informationen.
Pünktlich zu Maria Himmelfahrt fliegt Stephans Freundin Lydia ein. Da ihr Flugzeug früh 6.00 Uhr landet, kommen wir auch dieses Jahr in den Genuß eines Sonnenaufgangs. Auf dem Flughafen genauso wie auf der Fähre - man könnte Gesellschaftsstudien betreiben. Wir quatschen auf dem Camping, bis die Weinvorräte alle sind und legen uns an den Strand schlafen. Geweckt werden ich von Italienern, die meinen, dass dies ihr Platz sei, weil sie schon seit zwei Tagen dort liegen. Ehe ich mich auf Diskussionen einlasse ob der mindestens 10 Jahre, die ich schon da bin haue ich ab. Sind mir inzwischen sowieso zuviel Leute geworden und auf Gespräche mit Menschen, die behaupten, Englisch zu können und denen nach „Yes" und „No" nichts weiter einfällt, habe ich keine Lust.
Abends sind wir wie geplant in Mohos zur Feier Maria Himmelfahrt. Die Live - Musik ist dieses Jahr ein wenig zeitgemäßer jugendlich, die traditionellere Variante in den letzten Jahren hat und mehr zugesgt. Dennoch faszinierend, wenn sich die Menge auf dem Dorfplatz im Rhythmus bewegt. Ich unterhalte mich mit dem Sohn des Kellner Pannagiotis und seinen Schwestern Zefira und Saskia, die schon allein durch ihr Aussehen die Welt ein Stück lebenswerter machen. Von einer jungen Zigeunerin kaufe ich drei Rosen, um sie ihr nach dem Bezahlen sofort selbst wiederzuschenken. Für mich sind das die einzig freien Menschen in unserer Gesellschaft und es ist schön, dass sie zumindest auf Kreta ohne die sonst üblichen Probleme leben können. Da uns die Band diese Jahr nicht so von den Stühlen reißt, fahren wir bereits 3.00 Uhr zurück.
Inzwischen hat sich Stephan eine bakterielle Erkrankung der Mundhöhle zugezogen und wir müssen wegen seiner schwarzen Zunge eine medizinische Fachkraft konsultieren. Eine Woche irgendwelche Essenzen pinseln nach dem Essen und Mundspülungen. Eine Woche nichts Süßes. Und das jetzt, wo Lydia da ist ! Und vor allem eine Woche keinen Alkohol, nicht mal einen Schluck Tsikoudia. Das ist dann wirklich bitter.
Da es Dmitri nicht auf die Reihe bekommen hat, uns eine zweite Hütte freizumachen, schauen wir uns nach Alternativen um. Und dank der Hilfe von Petra, die nach 14 Jahren Reiseleiterin jetzt seit zwei Jahren in einer Autovermietung arbeitet, finden wir für Stephan und Lydia eine Pension bei Adonis für 20 Euro. Wenn ich mir das Appartment so anschaue; es können mindesten 4 Leute darin schlafen, zur Not auch 6 - dann wird das wohl nächstes Jahr unser Domizil werden. DieUnterkunft ist zwar 2 Kilometer vom Strand entfernt, aber das ist das wohl das geringste der Nachteile.
Bevor Christian abhaut, machen wir wie versprochen noch einmal Matala Die drei wollen schnorcheln und vielleicht was fangen. Meine Meinung zum Strand habe ich bereits geäußert, also setze ich mich in unsere dortige Stammtaverne, trinke Rotwein mit Wasser verdünnt und muß mich ob der Hitze zwingen, wenigstens ein paar Brocken Weißbrot zu kauen.
Ich habe mir ein paar Bücher gekauft, blättere das über die Kräuter vorerst nur durch und lese das über Scotty. Ungeachtet der neben mir sitzenden Italiener und Franzosen lache ich oftmals lauthals wegen seiner grotesken Streiche, mit denen er noch jede Oligarchie verarscht hat. Ein Stück Bewunderung ist schon dabei, wenn ich lese, dass er in seinem Leben immer das getan hat, was er wollte und sich vor nichts und niemandem verbogen hat. Freilich scheinen die 60, 70 er und frühen 80 er auf Kreta noch ein wirkliches Paradies gewesen zu sein und die Möglichkeiten, etwas zu inszenieren wesentlich vielfältiger. Aber wie er ohne Konto und den definierten westlichen Komfort durch die heutige Welt kommt und das praktiziert hat, nötigt schon Respekt ab.
Zu mir gesellt sich ein alter Kreter, der etwas englisch spricht und mir in seinen wenigen Worten Deutsch erzählt, dass er als Partisan gegen die Wehrmacht gekämpft hat. Ich versuche mich mit meinen griechischen Sprachkenntnissen zu revanchieren. Es geht holprig, aber es öffnet auch Herzen, wenn man es versucht.
Als wir auch über Scotty reden, taucht dieser justament auf und ich bin erschrocken, wie alt er innerhalb von 11 Monaten geworden ist. Seine listigen Augen sind einfach erloschen. Sein Gang ist müde. Dennoch, Scotty - du hast ein wirkliches Leben gelebt und bist nicht nur auf dieser Welt dagewesen und du hast zumindest un den Mut behalten lassen, noch Träume und Visionen zu haben. Auch wenn keiner von uns das Rad der Zeit zurückdrehen kann, habe Dank, Scotty ! Apropo Zeit, bei meinem ersten Besuch in Griechenland machte mich ein alter Grieche darauf aufmerksam, dass wir die Uhren haben und sie die Zeit. Ich habe daraufhin meine Uhr Poseidon geschenkt und lebe seitdem zeitlos ( einzige Ausnahme ist die Anzeige in meinem Auto ) und wesentlich ruhiger, ohne dabei unpünklich zu sein.
Ehe wir Christian zum Flughafen schaffen, möchte ich ihm wenigstens noch Archanes zeigen und die Ausgrabungen, um die sich Janni und Efi Sakemalakis verdient gemacht haben. Hier ist minoische Kultur am verständlichsten und angenehmsten aufgelistet, auch wenn das Archäologische Museum von Archanes ( alte Volksschule ) nicht mit güldenen Ausstellungsgegenständen aufwarten kann ( die sind im Museum von Iraklion gebunkert ). Außerdem hat man in Archanes den Vorteil, dass sich nur reletiv wenige Touristen hierher begeben.
Warum allerdings ein so großer Palast in unmittelbarer Nähe von Knossos ( 10 Kilometer ) liegt, ist bisher nahezu unerforscht.
Die Meinung von Sir Evans, dass dies der Sommerpalast der minoischen Könige von Knossos war, ist jedoch relativ unwahrscheinlich.
Einen Teil von Iraklion zeigen wir ihm bei der Rückfahrt auch noch und dann sitzen wir bei einem abschließenden Frape` mit Blick auf die venezianische Festung und das trunken machende fast dunkelblaue Meer.
Auf dem Flughafen kurze Verabschiedung von Christian, nach seiner Aussage waren die Fahrt und der Aufenthalt samt Diskussionen für ihn spannend und lehrreich. Ich denke, seine Mitbringsel sind mit Öl, Ziegenkäse und Tsikoudia auch gut gewählt.
Am Abend stellen wir fest, dass Lydia unabhängig von vielen kretischen Bürgern als Kukla bezeichnet wird. Wir beschließen, sie nur noch so zu nennen. Ist doch schließlich ein hübscher Nickname.
Die allabendlichen Essen, von denen jedes ein Fest ist, bieten auch zu Überlegungen Anlaß.
Aymilia hat eigentlich keine Konzession, eine Taverne zu führen. Da aber ihr Mann Michaelis seit 12 Jahren halbseitig gelähmt ist, schaut die Kommune mehr oder weniger darüber hinweg. Neben den üblichen Getränken bietet sie gewisse Standardessen ( Salate, Tsatsiki, Fava, Souvlaki, Bifteki, Fisch, Omelett, Dolmades,
Patatoules ). Auf Wunsch zaubert sie jedoch auch alle andere Leckereien von Stifado kouneli bis zu Juvetsi, wenn man sie rechzeitig danach fragt. Allerdings besitzt sie natürlich nicht die riesigen Kühltheken wie die touristischen Restaurants.
Nun haben unmittelbar neben ihr seit vorigem Jahr neue Betreiber eine weitere Taverne eröffnet. Mehr Angebote, mehr Werbung bis hin zu Wunderkerzen im Eisbecher und natürlich auch mehr Sprachfähigkeiten. Für mich allerdings auch ein wenig zu steril und zu geornet. Ich habe Aymilia aufmerksam gemacht, dass ich mir lieber krassi aus der Flasche nachschenke als aus moderneren Karaffen. Nun kann jeder wählen, was ihm lieber ist.
Bedauerlich ist nur - auch für uns - dass sich beide Parteien gegenseitig nahezu jeden Gast neiden. Für uns wäre es schöner, wenn beide in Eintracht und fröhlich mit allen Gästen harmonieren könnten. Aber auch das ist eben Kreta!
Wir fahren anderentags nach Keratokombos im Süden. Nach Panagia beginnt auch für mich völlig unbekanntes Gelände, so das sich die Fahrt etwas vorsichtiger gestaltet.
Der Blick nach der Durchfahrt Hondros auf die Küste des Lybischen Meeres ist nahezu schwindelerregend. Erinnert fast ein wenig an Thira.
Keratokombos selbst ist beschaulich. Interessehalber schauen wir uns eine Pension an. 25 Euro, wenn wir eine Woche bleiben würden - 20 Euro. Ist alles voll akzeptabel, nur wäre der Ort ausschließlich was zum Relaxen.
Denn um sich einiges anderes zu erschließen, wären Kilometer in Masse notwendig.
Nach Nofalias fahren wir auch noch einmal zu Manolis, schon um ein paar Liter Tsikoudia zu kaufen. Diesmal essen wir Tomatensalat mit Hartbrot zum Retsina und auch hier holt mich die Vergangenheit ein....
Vor drei Jahren haben wir ihn ganz einfach gefragt, ob wir eine Nacht dableiben können. Ist am Tag die Ruhe schon angenehm, so wird sie mit Einbruch der Dunkelheit nahezu greifbar. Bei offenem Feuer mit Einheimischen sprechen, nur ab und zu vielleicht ein Schaf oder eine Ziege im Traum blöken oder meckern hören, Fledermäuse beobachten und einfach in Erhabenheit den Sternenhimmel betrachten, bis Hypnos zuschlägt.
Wir haben in jener Nacht damals soviel Energie getankt, dass sie in Deutschland bis Weihnachten reichte....
Ich halte auf dem Rückweg in Malia und suche nach Herrn Jorgos P. ( an dieser Stelle nochmal Danke an Babs für die Adresse ) , nach Arbeit fragen. Das Gespräch ist sinnreich, die Führung durch den Palast von Malia bekommen wir gratis, aber Arbeit kann er mir für die nähere Zukunft auch nicht vermitteln. Immerhin erhalte ich seine Telefonnummer, um wöchentlich Anfragen starten zu können.
Am Abend lernen wir Geogios und Manavis kennen, die uns nach ein paar Tsikoudias spontan für morgen einladen. Unsere Ankündigung, dass wir morgen zu viert sind stört sie dabei keineswegs.
Am Freitag hole ich Robert ab, der zwei Tage zuvor seinen Facharbeitwer als Koch gemacht hat und sofort in die Arbeitslosigkeit entlassen wurde wie nahezu alle ausgelernten Lehrlinge Sachsens. Eigentlich hatte er kein Geld für diesen Urlaub, aber auch ihn hat seit zwei Jahren das kretische Fieber gepackt. Für mich war es wichtig, dass ich wieder jemand dabei habe für die Rücktour. Ich habe zwar die Strecke schon mehrmals allein bewältigt, aber zu zweit ist schon allein vom Kopf her eine günstigere Situation Als habe ich ihm vorgeschlagen, dass ich ihm 400 Euro vorschieße und wir somit beide Vorteile haben. Dass Stephan und Lydia ihren Flug gecancelt haben und noch bis Montag bleiben, weiß er nicht. Und mir gelingt es auch, ihn bis Gouves in diesem Glauben zu lassen. Umso stürmischer ist dann die Begrüßung.
Abends holt und Georgios ab, wir fahren nach Gournes und dann mitten ins dunkle Gelände, bis wir zwei Häuser erreichen und nebenan eine Lagerhalle, vor der schon Feuer lodert. Begrüßung mit Stefania, Eleni, Manavis und dessen Vater und den Hunden Ares und Hermes. Wir fragen uns nur, wer die vielen Fleischberge essen soll, die Stefania zubereitet hat. Als Robert kundtut, dass er nicht so der Weinliebhaber ist, knallt Manavis prompt ein Sixpack Bier auf den Tisch. Und wenn ich mir so die Runde anschaue und das Essen und Trinken auf dem Tisch, frage ich mich besorgt, warum dies in Deutschland nahezu unmöglich ist.
Angenehm auch zu hören, dass alle mit unserer - naja, fast - Heimatstadt Dresden etwas anfangen können. Sie wissen, dass die im Osten Deutschlands liegt und im zweiten Weltkrieg völig zerstört wurde.
Ansonsten betonen wir bei Nachfragen immer, dass wir born in the G.D.R. sind und meistens folgt augendzwinkernd die Bemerkung, dort haben nur Kommunisten gelebt. So völlig neu ist unseren Gastgebern auch nicht dass die Ostgeborenen, so sie denn Arbeit haben, weniger verdienen als ihre westgeborenen Kollegen.
Ich staune über die Sprachfähigkeiten von Eleni, die mir im besten Englisch erklärt, wie sie sich autodidaktisch serbisch und kroatisch beigebracht hat. Nach einmal hören spricht sie gar den deutschen Zungenbecher
„ Simsalabimbambadedaduseladim" fehlerfrei nach Wir versuchen zwar, so viel wie möglich griechische Wörter anzubringen, insgesamt unterhalten wir uns jedoch mehr englisch dominiert. Sie bedeutet mir, im nächsten Jahr mit mir ausschließlich Griechisch kommunizieren zu wollen. Endlich bekomme ich dank ihr den Unterschied zwischen „ela" und „pame" eindeutig erklärt.
Ein wenig auf dünnem Eis balancieren wir, wenn es um religiöse Zugehörigkeiten geht. Dass ich jedoch an allwissende übergeordnete Kräfte glaube, ist ja nicht gelogen und so gelingt es uns, das Thema ein wenig zu neutralisieren. Weil, an einen Gott im ursprünglichen Sinne, der im Leben ausschließlich bestraft und prüft, glauben wir nicht und kirchliche Unterwürfigkeit, die nur Macht über Menschen ausübt, mögen wir schon gar nicht.
Zu später Stunde gesellt sich noch Elenis Bruder zu uns und erzählt uns, dass es selbst auf Kreta nicht mehr ausgeschlossen ist aus Autos Wertsachen oder Geld zu stehlen. Wir haben bis hierher diesbezüglich keine schlimmen Erfahrungen gemacht und meistens lassen wir beim Parken die Fenster geöffnet, auf dem Camping steht das Auto eh Tag und Nacht offen. Erstaunt sind unsere Gastgeber, dass wir drei Kerle in unserem Leben nie heiraten wollen und niemals Kinder haben möchten. Letzteres hinterfragen sie mehrmals und ich weiß nicht, ob sie unsere Argumente akzeptieren.
Dennoch versuchen sie lustigerweise Stephan und Lydia eine Hochzeit auf Kreta schmackhaft zu machen. Die Scherze dazu nehmen kein Ende. Bevor wir unsere Adressen tauschen und ein Wiedersehen versprechen, geben sie uns zu verstehen, dass wir keine touristas sind, sondern xenons. Das geht runter wie literweise Olivenöl !
Nach dem heutigen Abend ist es vielleicht ganz gut, dass Stephan wenig Alkohol getrunken hat. So kann er uns sicher zurückbringen.
Sonnabend ist Markt in Iraklion - war Lydias Wunsch. Gut, gibt mir die Gelegenheit, ein paar weitere blaue „Augen" zu kaufen zur Abwehr böser Blicke und Gedanken. Die machen sich auch immer gut als Geschenk.
Außerdem sind sie bei der alten Zigeunerin wesentlich preiswerter, als wenn ich sie in einem Schmuckladen mit dazugehöriger Geschenkschachtel erwerbe. Ich denke schon, daß sie Kraft besitzen, genauso wie ich glaube, dass mein über den Rückspiegel gehangenes Komboloi mithilft, unsere Reise unfallfrei zu gestalten.
Ansonsten schaue ich mir das schon oftmal erlebte bunte Treiben an und bestätige Roberts Meinung, dass manche Obst - und Gemüsesorten keine solche sind, sondern ob ihrer Größe schon Waffen darstellen.
Verwundert registriere ich Bemerkungen einiger Touristen verschiedener Herkunft über das Gedrängel und das Gebaren der Verkäufer. Was stolzieren sie dann auf einen Markt !?
Abends gibt es endlich ein längeres Gespräch mit Nicholas. Ich mag den im Sudan geborenen Kreter wegen seiner sinnreichen, immer mit etwas Schalk verbundenen Weisheiten, ohne dass er dabei belehrend wirkt. Sicher erscheint er Außenstehen wegen seines Aussehens teilweise wie ein Vagabund. Doch was bedeuten Äußerlichkeiten?
Mir bereitet es Genuß, mich mit einem Querdenker mit einem unerschöpflichen Reservoir an gesammeltem erlebten Wissen zu unterhalten. Lebendig hinterfragt er selbst sicher Allgemeingüligkeiten und seine Erklärungen sind immer überlegenswert, mitunter schockierend richtig.
Sonntags geht’s nach Rethymnon, die Stadt haben meine Mitfahrer noch nicht gesehen. Und sie sind sehr angetan von ihr. Stundenlang schlendern wir durch die Gassen und endlich bekommt Robert eine griechische Fahne für sein Auto. Die hissen wir an selbigen Abend noch auf unserer Leine vor der Hütte, schon um unsere bayrischen Nachbarn mit ihrem Heimatwimpel etwas aufzuwecken.
Nachdem wir Obstsalat und Frape` mit wirklich riesigen Eiskugeln vertilgt haben, fahre ich die old road zurück. Landschaftlich sehr reizvoll, nur bekommt dadurch Lydia Probleme. Trockener Kommentar von Stephan, wie schon damals zu Petra und Jeremy : „ Manche sind halt nicht für dieses Land und seine Wege geboren".
Schließlich folgt der letzte Abend auf Kreta für die beiden und Aymilia verteilt erste Geschenke.
Der Montag wird ruhig, nochmal zusammen Strand und dann fahren wir sie auf den Flughafen. Obwohl das Flugzeug erst in einer Stunde startet, ist der Check - in - Schalter schon verlassen und wir müssen uns durchfragen.
Stephan drückt mir noch 150 Euro in die Hand für die „Abschreibungen am Auto"; dann Umarmung, tschüß und bis irgendwann im Herbst zum Kreta - Treffen.
Den nächsten Tag fahre ich mit Robert ins Dikti - Gebirge zur Omalos - Hochebene. Wir lassen das Auto hinter Katofigi stehen und wandern durch paradiesische Welten. Wie gelesen, finden die Ebene mit dem kleinen See und wir möchten eigentlich nur schauen und staunen. Da wir, wie empfohlen, Schlafsäcke mithaben, entschließen wir uns, die Nacht hier zu verbringen. Es ist schon fast Dämmerung, als wir zwei Hirten treffen
( Stavrakakis - Brüder ). Wir bekommen Raki und einen schmackhaften Käse zum Brot angeboten. Robert hat zum Glück noch zwei Schachteln Zigaretten dabei und wir können uns wenigstens etwas revanchieren. Als wir uns hingebettet haben, uns die Stille umfängt und wir wie gebannt auf die Sterne schauen, haben wir wirklich das Gefühl, in einem Raumschiff durch ferne Galaxien zu reisen. Wenn mich in diesem Augenblick ein weibliches Wesen berührte, ich wäre 100 % sicher, dies ist Eva aus dem Garten Eden.
Auch Robert hat den Wunsch, diese Jahr Manolis zu sehen - also das dritte Mal Nofalias. Ist ja auch ein netter Platz. Das gibt uns auch die Gelegenheit, das Kloster Xera Xila aufzusuchen. Der Weg dorthin erfordert Konzentration und Respekt und das Kloster selbst ist nur von Schafen und Ziegen bewohnt. Dennoch - ein Traum, mitten in der Abgeschiedenheit ein ehemals funktionierendes Gebäude und grüne Bäume. Wenn die Mittel vorhanden wären, dieses Kloster zu erhalten, büßte Kreta ein Schmuckstück weniger ein.
Auf dem Rückweg dann ein Dilemma, welches mich seit drei Jahren verfolgt. Der Ventilator meiner Kühlung schaltet sich nicht zu. Dieses Jahr kann ich das mit der Klimaanlage zumindest kaschieren. Aber japanische und koreanische Autos sind wahrscheinlich nicht für staubige Hitze ausgelegt.
Am nächsten Tag fahren wir nochmal nach Ambelos Afhin, ich möchte Abschied nehmen von meiner geliebten Insel und seinen geheimnissvollen Bergen. Ich lasse meine Blicke wie in Zeitlupe kreisen und innerlich habe ich das Gefühl, als würde mein Herz langsam sehr angenehm verbluten.
Zurückzu besuchen wir Homo Sapiens Village, lohnt sich immer.
Ich erwerbe einen wunderschönen Bildband vom Lassithi - Plateau. Eindruckvollstes Bild neben dem der Palme im Schnee ist ein schwarz - weiß Foto von einer vom Alter gebeugten Lassiothin.
Ich habe mir dieses Jahr sowieso mehr geistige Nahrung zugelegt wie üblich. Bei den Ausführungen von Arn Strohmeier habe ich stets das Gefühl, alles genauso zu sehen. Nur kann er es halt journalistisch besser verpacken.
Wir besorgen uns für Freitagabend Tickets für die Fähre ( entgegen sonstigen Gewohnheiten sind dieses Jahr die Preise nach dem 15.08. nicht gefallen ) und wir schleppen 40 Liter Wein und 5 Liter Tsikoudia in unseren Kofferraum.
Und dann ist er da, der letzte Tag für uns dieses Jahr auf Kreta. Verabschiedung von allen Bekannten, Bezahlerei bei Dmitri ( die Alternative für nächstes Jahr bleibt bestehen ) und auch eine herzliche Umarmung mit Carina.
Dann packen wir ein und essen ein paar Stücken Souvlaki bei Aymilia, obwohl - so richtig bekommen wir nichts runter. Die Geschenke - Öl, Wein, Tsikoudia - auch von ihr literweise. Ein kalos chimona schließlich auch an Nicholas, Jorgos und natürlich Voula. Dann suche ich noch Antigone, Christina und Nick, um selbiges zu wünschen.
Ja, und dann das Übliche auf der Fähre. Robert schaut auf die untergehende Sonne, bis wirklich kein Fetzen Licht mehr zu erahnen ist. Wir trinken langsam eine Flasche des geschenkten Weines. Und es ist wie jedes Jahr - reden kann keiner von uns in diesem Augenblick. Jeder hängt seinen Erinnerungen nach. Ich mag gar nicht hinsehen, wie in der Dunkelheit die Lichter Iraklions immer kleiner werden.
Nachts wird es so stürmisch, dass wir uns einen geschützteren Schlafplatz suchen müssen.
Pireus empfängt uns natürlich hektisch. Ob es hier jemals besonnen zugeht, bezweifeln wir. Die Hafenpolizei ungeheuer wichtig mit Gebärden und Gepfeife. Nur ab Verlassen des Hafengeländes interessiert sich niemand, wie man in den trotz Ampeln immer fließenden Verkehr schlängelt. Da ist sich dann jeder selbst der Nächste. Wer dies zum ersten Mal erlebt, kann schon Nerven lassen. Ich erzwinge mir den Kreisverkehr, der uns Richtung A1 bringt. Bei Elefsina Abfahrt, durchs Gebirge und bei Thiva zurück auf die A1. Für Robert ist dieser Tag in der Hitze fahren ein Vorgeschmack auf unsere Heimfahrt.
Als wir unserem vertrauten Ort ankommen, hat die Taverne schon geschlossen, hier ist ab Anfang September touristenmäßig game over. Einzig die Bar läuft noch. Da Padajot zunächst auch nicht auffindbar ist, essen und trinken wir erstmal ausgiebig und nach zwei Stunden treffen wir ihn zu Hause an. Schön, dass es ihm gelingt, über einen Bekannten eine Pension zu finden, wo wir noch zwei Tage Kräfte sammeln können. Ich lade nochmal 10 Liter Öl und 3 Liter Zipo zu den anderen Getränken.
Am Sonntag sind wir bei Padajot und seiner Familie eingeladen, es gibt von ihm gefangene Leckereien aus dem Meer. Zumindest Amfipoli zeige ich Robert noch, die Stelle, an der einst dank des goldführenden Strymon eine bedeutende und reiche Metropole stand. Ich erzähle ihm von Philipp und seinem Sohn Alexander und wir schauen uns noch ein paar makedonische Königsgräber an.
Am Montag kaufen wir für unsere Rückfahrt ein. Und wir kommen noch in den Genuß von Padajotis Sachanaki.
In dieser Muschelsuppe mit Käse könnte ich jedesmal regelrecht ertrinken. Selbst Robert hebt begeistert den Daumen. Zum Tomatensalat mit Öl und Schafskäse zum Brot meint er, daraus könne von ihm aus das Essen der Welt bestehen nebst Bier und Raki. Ich ergänze ihn soweit, daß noch Fava, krassi und Zipo dazugehören sollten.
Als wir uns schon von allen verabschiedet haben, fahre ich mir doch glatt noch eine zwei Zentimeter lange Schraube in mein linkes Vorderrad. Also nochmal wenden und die Hilfe bei meinen Freunden in der Werkstatt beanspruchen. Die annoncierte teure Bezahlung entpuppen sich dann als läppische 8 Euro.
Dann ein letztes Mal dieses Jahr im Mittelmeer planschen und abends noch ein paar Zipo und Worte mit Padajot.
Mit dem Hellwerden ist Start, kurze Verabschiedung von Padajot, dann heißt es Meter fressen. Kurz nach der griechisch - bulgarischen Grenze sehe ich Schafe auf der Fahrbahn und wir erkennen beim Näherkommen, dass unmittelbar zuvor ein Truck mitten in die Herde gefahren ist. Ein völlig verzweifelter Schäfer, selbst die Hunde wie paralysiert. Und sterbende, zuckende und zerteilte Schafe, kein guter Beginn. Man kann darüber streiten, ob Schafe oder andere Tiere über eine Europastraße getrieben werden müssen. Einerseits leben die Bewohner seit Zeiten von ihrem bescheidenen Einkommen und nutzen somit jeden Flecken Weideland. Andererseits ist es auch schwer, auf einer abschüssigen Straße einen Truck mit 100 km/h Geschwindigkeit abzubremsen, wenn plötzlich Tiere auf die Fahrbahn treten. Robert ist erstmal so geschockt dass er eine Zeitlang gar nichts sagt. Dennoch müssen wir uns zwingen weiterzufahren. Nach dem Rilagebirge bemerken wir, dass wir engültig im Herbst sind.
Erster Stopp am Ausgang des Stara - Gebirges, um unsere Flaschen mit frischem Quellwasser aufzufüllen. Der nächste Halt ist an der Grenze in Vidin. Wir büßen etwas Zeit ein, weil wir Mitte September der einzige PKW sind. Glücklicherweise kommen in den nächsten zwei Stunden sechs Trucks zusammen, so das sich für die Fährgesellschaft eine Fahrt rechnet. In Rumänien schaffen wir es noch bis zu „unserem" Schlafplatz, auch wenn ich die letzten 80 Kilometer bei Dunkelheit, Regen und aufgeblendeten Scheinwerfern von entgegenkommenden Fahrzeugen wie im Trance fahre. Diesmal ist es bereits so kalt, dass wir im Auto schlafen müssen. Ein wenig essen, trinken und dann schlafen wir tief und traumlos. Der Morgen ist so frisch, dass wir gar Scheiben kratzen müssen. Aber die Fahrt nach Timisoara zur Grenze durch die kleinen Dörfer, in denen das Leben erwacht und in denen dieses wohl auch noch in Ordnung scheint, wird begleitet von einem grandiosen Sonnenaufgang. Dies alles veranlasst Robert zu der Feststellung, dass - wenn es Griechenland nicht gäbe - Rumänien lebenswert ist. Ich setze nur noch Zypern dazu.
In Ungarn ein Frühstück in freier Luft und dann beginnt das langweilige graue Band mit teilweise überzogenen Mautgebühren. An der Grenze Slowakei - Tschechien wird es noch einmal zäh und dann kann ich mich nur mehrmals über die rücksichtslose und gefährliche Fahrweise der Tschechen wundern. Sie müssen unbedingt mit auch nur jeder letzten PS protzen und sich beweisen.
An der Grenze dürfen wir dann noch als Krönung bereits auf deutschem Gebiet unseren Kofferraum auspacken.
Zu Hause angekommen, packe ich nach und nach mein Gepäck aus. Dabei fällt mir eine von unseren Wasserflaschen unter das Auto. Eine Frau macht mich aus dem dritten Stock darauf lautstark aufmerksam, trotz Dunkelheit also Beobachtung.
Ich will eigentlich etwas Lustig - Zynisches erwidern. Aber dann wird mir klar und schmerzhaft bewußt: Ich bin wieder im kalten Deutschland !

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Thema Autor Datum
Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht orfani 01.10.2003 20:20
Re: Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht Alex 01.10.2003 21:37
Re: Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht Claudi 01.10.2003 22:29
Re: Hellas 2003 - nicht nur ein Reisebericht kyra 03.10.2003 22:46

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