Reiseziel auswählen




Reiseziel-Sponsoren Reiseziel-Sponsor werden

Wanderung auf Donoussa

Von Xristo

Unsere Wanderung im Juni 2007 in den Südosten der Insel Donoussa geriet zu einem 3-stündigen Pfadfinder-Leistungskurs mit anschließender Innenbefeuchtung durch ein alkoholisches Kaltgetränk, einschließlich optischer und haptischer Wahrnehmung topografischer Besonderheiten. Gelegentliche Bodenkontakte von Weichteilen mit den vorherrschenden geologischen Gesteinsformen, Marmorit und Gneis, waren unvermeidlich.

Hatte mich mit Peter am Kedros-Strand verabredet. Aufgrund logistischer Probleme bei seiner morgendlichen Nahrungsaufnahme hatte er sich etwas verspätet, sodass ich mein Morgenbad am noch fast menschenleeren Strand nachholen konnte. Ich erregte Unwillen bei einem sesshaften Strandbewohner, als ich seine kreative Behüttung aus Kalami und Folien fotografierte. Eine sehr detailreiche Konstruktion bestehend aus Wohnraum und Schlafabteil. Das "Fenster" der Werkstatt hatte einen zu ziehbaren "Fensterladen". Der Meister saß auf einem selbstgebauten Hockerchen an seiner Werkbank und schnitzte ein kleines Relief nach antikem Vorbild in ein Stück Holz. Für den Athener Markt. Nachdem ich mich als langjähriger Donoussafreund legitimiert hatte und nicht weiter als Tagesvoyeur galt, entschuldigte er sich für sein unhöfliches Betragen.

Peter ist ein angenehmer Begleiter, gleiches Wandertempo, gemeinsame Interessen. Es freute mich, diesem Inselkenner eine neue Wanderstrecke im Südosten zeigen zu können. Ich hatte im letzten Jahr gut aufgepasst und den Weg von der verschandelten Quelle bei Mersini wiedergefunden. Der Charme dieser alten Anlage von 1855 ist dahin. Die alten geweißten Waschbottiche und Sitzmäuerchen wurden durch einen Torbogen und akkurate "Albanermauern" aus gelblichem Gestein ersetzt! Na ja, in 50 Jahren wird sich keiner mehr darüber wundern. Ich denke "heile Welt" stimmt dennoch, trotz Straßenbau mit Leitplanken, "Verschönerungen" an der Quelle. Ich Dahergereister erhebe mich mit meiner ästhetischen Befindlichkeiten über die Menschen hier und spreche den Bewohnern einen mir entsprechenden Maßstab ab. Wie arrogant von mir gedacht. Der Bürgermeister wollte doch etwas schöner machen und zerstört dabei 150 Jahre Baukultur. Elias im Aposperitis mit seiner grünen Halogen-Beleuchtung unter den Geranien freut sich über seine Verschönerung, die ich Kitsch nenne. Es entspricht den Vorstellungen der Einheimischen von Fortschritt und Komfort. Mir fällt die Ausstellung "Die bunten Götter" im Hamburger Museeum für Kunst und Gewerbe ein. Wie schrecklich würde die Farbigkeit griechischer Tempel und Statuen auf all die gewirkt haben, die im 19. Jh den Klassizismus erfunden haben? Auch ich erschaudere angesichts dieses antiken Verschönerungswillens. Insofern ist noch alles genauso. Wir sind nicht kompatibel.

Wir verließen den erregenden Ort durch ein klappriges Gatter, durchquerten den von der Quelle bewässerten Gemüsegarten und gingen über einen nur durch intensive Ziegenköddelei erkennbaren Pfad hinunter zum Ormos Batos, einem rauhen felsigen Küstenabschnitt. Auf dem steinigen Pfad kommt man leicht ins Rutschen, wenn die Füße auf dem Steinchengrund ruckartig ins Gleiten kommen. Es bewährt sich, wenn man sich im Alter zu einem Stock bekennt.

"Da gibt es keinen Weg, nur Felsen." sagte der Bauer, den ich ansprach. Wir mussten uns an den Spuren der Ziegen orientieren. Hinunter zur unwirtlichen Geröllbucht in der steilen Felsküste. Hinter der Felsnase gegenüber liegt tief unten ein kleiner Kieselstrand. Zwei aufgeschreckte Ziegen zeigten uns den Weg. Auf dem Umweg über einen schräg geneigten Felsrücken konnten wir glücklich nach unten gelangen. Der Weg hinauf nach Norden führt durch die schönste Landschaft der Insel. Grandiose, schroffe Felsenküste auf der Rechten, zur Linken kleine langgestreckte Felder mit Mäuerchen abgetreppt. Ich kann mir vorstellen, dass dies einmal die "Kornkammer" von Donoússa gewesen ist. Jetzt lagen viele Äcker unbewirtschaftet, nur die Steine "wachsen" nach oben. Die ebenen Flächen wirken wie Blümchenteppiche. Wie geruhsam kann man hier auf weichem Untergrund gehen nach dem schweren Anstieg vom Strand. Meine Vorliebe für das Gehen ohne Wege, nur nach Karte und Gefühl kann ich in dieser Oase der Verlassenheit voll befriedigen. Eine der abwechslungsreichsten Wanderungen in dieser einsamen Inselseite. Dank Peters GPS-Spezialität konnten wir die gewanderte Strecke anschließend real auf seinem Gerät wiederfinden.

Zu dem erwähnten alkoholischen Kaltgetränk kamen wir in Mersini bei Litza und Enrico im "Tzi-Tzi". Zum kalten Bier reichte Litza etwas Käse, Oliven und kleine Sardinen. Ich hatte das Gefühl, dass der schwarze Kostas, ein weit entfernter Vetter unseres Enkelhundes Nova, mich vom letzten Jahr wieder kannte, denn er ließ sich meine Ohrkraulerei vertrauensvoll gefallen. Nur ein scharfes "sto spiti" hielt ihn davon ab, uns bis ins 3 km entfernte Stavros zu folgen. Braver Hund! Übrigens lassen sich auch Esel gerne hinter den Ohren kraulen.

Nach dieser erlebnisreichen, wandertechnisch anspruchsvollen Tour konnten wir ohne Skrupel die in 2006 asphaltierte Straße zurückgehen. Schwächebedingte Abweichungen wurden durch die optimalen Leitplanken korrigiert, Orientierungslosigkeit durch Verkehrsschilder vermieden.

© Xristo Juni 2007

Reisetagebuch

weitere Wanderungen habe ich in meinem Reisetagebuch beschrieben. 220 Seiten mit Fotos und Freihand-Zeichnungen im Selbstverlag. Anfragen unter: mo.chri.wieth@t-online.de

Geschrieben 29.10.2007, Geändert 29.10.2007, 3127 x gelesen.

Was möchtest du?

Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von ios-fan vom 24.04.2009 13:10:48

Daß sich auch auf Donoussa Veränderungen ergeben ist (leider !) ganz natürlich ... schließlich sind die Insulaner mehr an Modernisierung und Fortschritt interessiert als an romantischen Vorstellungen (auch meinen !) von Zweiwochentouristen ... Das erste Mal hörte ich von Donoussa 1987, bei meinem 1. Aufenthalt auf Amorgos ... soll dort noch nicht mal Strom gegeben haben ! Nun - schade ist es natürlich schon, aber wie überall eben auch dort 'business as usual' ... und irgendwie geht das Leben auch mit einer neuen Strandbar und einer asphaltierten Straße weiter !


Kommentar von Xristo vom 05.04.2009 20:09:00

Habe eine neue eMail Adresse, falls jemand Interesse am Buch hat: mo.chri.wieth@htp-tel.de
Xristo


Kommentar von SternchenAC vom 13.04.2008 11:54:30

Fantastisch zu lesen, ungewöhnlich lebendig und "Kreta-echt". Mehr davon!
Respekt!!!
Liebe Grüße von SternchenAC