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Leros – Insel mit schlechtem Ruf???

Von Ikariotiko

Das ist Teil der mitunter unrühmlichen Geschichte der Insel, wovon heute aber nicht mehr die Rede sein sollte. Fast jeder kennt den Film „die Kanonen von Navarrone“, der in Anlehnung an die Schlacht um Leros im zweiten Weltkrieg gedreht wurde. Danach wurden hier, auch während des Obristenregimes, politische Häftlinge auf Leros interniert, wofür die italienischen Einrichtungen aus der Zeit des WK II sich hervorragend eigneten. Und später waren sie auch noch brauchbar für psychisch kranke Menschen, auch kein Ruhmesblatt. Auch heute gibt es auf Leros noch eine Klinik für psychisch Kranke, welche mit den beschriebenen Verhältnissen nicht mehr gemein hat.
Das mal im Überblick zur Geschichte, die jeder in verschiedenen Quellen nachlesen kann, wenn er denn möchte.
Ansonsten gibt es eigentlich nicht viel nachzulesen, leider hat der Michael-Müller-Verlag offenbar kein Interesse, sich auf diese Insel einzulassen, und wenn es nur in einem Sammelwerk mit anderen, kleineren Inseln wäre. Um irgendetwas Brauchbares in Händen zu halten, habe ich mich auf den einzigen Reiseführer eingelassen, der vermeintlich etwas zu berichten weiß. Ich glaube nicht, dass Klaus Bötig hier frei gestalten konnte, wie er wollte. Ich finde das Ding mit Verlaub völlig daneben.
Was bleibt also übrig? Bekannte Homepages bekannter Nissomanen zu durchforsten, was auch nicht immer von Erfolg gekrönt ist, oder einfach selbst das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen – und genau das haben wir gemacht. Unser Helfer war ein 170ccm Quad, was für diesen Zweck völlig ausreichend war.
Leros ist eine der saubersten Inseln, die ich persönlich zu Gesicht bekommen habe, zusammen mit Lipsi, wo sogar Müll getrennt wird. Sauberes Wasser (bis auf den Bereich der Anlegestellen für Fischerboote) und saubere Strände. Man kann es sich erlauben, ohne große Ortskenntnis auf unbekannten Pfaden/Wegen/Pisten zu wandeln bzw. zu fahren, was das Schuhwerk bzw. das Fahrgestell hergibt, ohne Gefahr des Verlaufens/Verfahrens. Allerdings würde ich trotzdem ganz dringend die Karte Nummer 336 von SkaiMaps im Maßstab 1:25.000 empfehlen, um gezielt dahin zu kommen, wohin man möchte. Was ich sagen kann aus eigenem Befahren: Die Karte ist super genau, alles ist gut zu finden – und leider stimmt es auch, wenn eine Piste als Weg eingezeichnet ist. Rund um den Patelia ist ein einigermaßen normales Fahren nicht mehr möglich, hier sind die Füße das bevorzugte Fortbewegungsmittel. Man findet auch Ruhe, wenn man es möchte und sofern sich nicht, besonders in den Ferien, eine junge italienische Familie für den selben Badeplatz wie man selbst entschieden hat. Die Leute sind sehr nett und gastfreundlich, ein freundliches Lächeln verbunden mit einem Kalimera kann durchaus für nette Begegnungen sorgen. Alles läuft auch etwas entschleunigt ab, man spürt zumindest nicht annährend eine solche Hektik wie z.B. in Pothia/Kalymnos. Was für mich auch auffallend war (Zufall bei der Wahl der Tavernen oder die Regel???): Die Qualität der Speisen in den besuchten Tavernen war hoch. Da hatte ich in der Vergangenheit schon deutlich andere Erlebnisse. Das archäologische Museum in Agia Marina, das ethnologische Museum im Belleni-Tower in Anlinda sowie das Kriegs- oder auch Tunnelmuseum in Merikia sind durchaus sehenswert, wenn auch klein. Ich habe den Eintritt und Besuch auf jeden Fall nicht bereut. Die Landschaft hat definitiv ihren Reiz, auch wenn es sehr wenige Bäume gibt.
Wandern ist hier allerdings nicht sehr attraktiv. Da meine Frau nach einer schweren Knie-OP noch nicht wieder ganz hergestellt war, stellte das aber dieses Mal kein Problem dar. Ansonsten wäre es in dieser Hinsicht schon ein bisschen ernüchternd gewesen. Die Strände sind im Vergleich zu z.B. Milos nicht die Offenbarung. Sie sind meistens sehr schmal, kiesig und die wenig wirklich attraktiven so überlaufen, dass wir gerne verzichtet haben. Sehr schön und ruhig waren die Bucht von Gourna und vor allem die Bucht von Xirokambos. Vromolithos war auch noch ganz in Ordnung, aber lag schon früh im Schatten. Allerdings mussten wir für Liegen und Schirme kein einziges Mal bezahlen, ein Frappé, bei dem es natürlich nicht blieb, wäre in Ordnung gewesen für die Betreiber. Einen Slogan muss ich aus unserer Sicht auch widerlegen: Urlaub unter Griechen. Wenn man damit auch griechische Touristen meint, dann mag er vielleicht noch stimmen… . Wahnsinnig viel zu sehen aus historischer Sicht gibt es außer dem Kastro und den Überbleibseln der Italiener in Lakki nicht. Auch die für uns Individualtouristen geliebten Bergdörfer, in denen die kleinen weißen Häuschen immer frisch gestrichen und geschmückt, die Wege mit Naturstein belegt oder mit weißen Blumenornamenten verziert, sind auf Leros mit wenigen Ausnahmen in Platanos/Agia Marina Fehlanzeige. Aber vielleicht sieht man durch die hohe Anzahl verfallender, weil leerstehender Häuser auch das „richtige“ Leben in Griechenland im Jahr 2015, nicht das im wahrsten Sinne des Wortes übertünchte. Auch eine andere Problematik lässt sich nicht überschminken: Jede Nacht werden von der Küstenwache im Schnitt (von uns geschätzt!) um die 100 Flüchtlinge, alles Syrer aufgesammelt, die ihr Glück über Bodrum versuchen. Wir hatten da schon gewisse Probleme, unseren Strowberry-Daiquiri mit Schokoladensouffle im „Thalassa“ in Agia Marina zu genießen, während nebenan in der Polizeistation auf der Terrasse ca. 50 Personen sich auf Kartons ihren Aufenthalt für die Nacht gestalteten. In Lakki sind die Flüchtlinge auch alltägliches Bild, auf größeren Verkehrsinseln, in alten, nicht bewohnten Gebäuden, unter Vordächern und in der alten Kaserne(?), wo ein Flüchtlingslager eingerichtet wurde, das regelmäßig vor dem Weitertransport nach Piräus am Bersten ist. Aber trotzdem haben wir uns unseren Urlaub verdienen müssen und somit auch das Recht, so meine ich, ihn zu genießen. Aber man sollte sich dessen, was in unserer nächsten Umgebung passiert, zumindest bewusst sein.
Alles in allem bereuen wir es definitiv nicht, Leros für über zwei Wochen besucht zu haben, aber wir waren uns einig: Unsere Lieblingsinsel wird Leros sicher nicht. Jedes Töpfchen hat sein Deckelchen und so gibt es mit absoluter Sicherheit viele Leute auch hier auf in-greece.de, die genau das suchen, was diese sympatische Insel zu bieten hat. Ein Besuch auf einem Segelturn, so ich das mal schaffe, werde ich sicher wieder ins Auge fassen, nicht zuletzt aufgrund des hervorragenden Essens.
Zum Abschluss noch kulinarische Tipps: Taverne Alinda oder Mavraki, To Steki, Prima Plora (alle Alinda), Neromilo in Agia Marina/Krithoni, Aloni in Xirokambos. In den genannten Tavernen haben wir über dem üblichen Durchschnittsniveau gegessen, und das zu normalen bis niedrigen Preisen.

Geschrieben 08.09.2015, Geändert 08.09.2015, 7989 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von kokkinos vrachos vom 07.08.2018 09:03:57

Moin und Kalimera, noch ein Buch über Leros......

Mitten ins Blau von Klaus Hüttemann

www.bod.ch/buch/klaus-huettemann/mitten- ins-blau/9783746098357.html

vg, kv


Kommentar von kokkinos vrachos vom 26.07.2018 10:05:43

Moin und Kalimera, drei tolle Leros-Artikel:


Dodekanes 2014: Leros, die verrufene und unterschätzte Insel
mangoseele.wordpress.com/2014/05/06/dode kanes-2014-leros-die-verrufene-und-unter schatzte-insel/

Leros 2014 – Das Dornröschen des Dodekanes
www.klaus-boetig.de/leros-2014-das-dornr oschen-des-dodekanes/

Leros - Die oft verkannte Insel
www.griechenland.net/tourismus/reportage n/23982-leros-die-oft-verkannte-insel

Ta Leme, kv


Kommentar von Ikariotiko vom 20.09.2015 18:14:49

Hallo kV,
Vielen Dank für die Info:-)
Lieber Inselliebhaber,
War für mich auch sehr interessant, auch das Antwortschreiben eines ehem. Deutschen Fallschirmjägers auf die Einladung des damaligen Bürgermeisters zum Jubiläum der Schlacht um Leros.
Das sind doch auch die Urlaubserinnerungen, die uns über das Jahr bringt und uns auf den nächsten Urlaub freuen lässt.
Viele Grüße
Peer


Kommentar von kokkinos vrachos vom 20.09.2015 17:11:38

Die Regeln des Diagoras
Erzählung von D. B. Blettenberg

D. B. Blettenberg zählt zu den besten deutschen Politthriller-Autoren. Seit mehreren Jahren verbringt er einen großen Teil seiner Zeit auf der Insel Leros. Ein spannender Roman, der dabei entstanden ist, sucht gerade den Weg in einen Verlag. Auf diablog.eu lesen Sie als Appetitanreger eine Erzählung, die auf Leros spielt und von unserem Redaktionsmitglied Thanassis Tsingas ambitioniert ins Deutsche gebracht wurde.

diablog.eu/literatur/d-b-blettenberg-die -regeln-des-diagoras/

vg, kv


Kommentar von inselliebhaber vom 20.09.2015 14:54:02

Hallo Peer,
auch ich bin gerade von meiner Dodekanes Tour zurück und total begeistert von den freundlichen Menschen auf Leros! Angenehm habe ich auch empfunden, dass der Tourismus dort nicht die Oberhand gewonnen hat. Wir haben im schönen, wenn auch in Ortsrandlage gelegenen, Saraya Resort in Alinda übernachtet. Insgesamt bin ich von der Insel Leros sehr positiv überrascht. Der Besuch des Militärmuseum bei Merika, das in einem von den Italienern in einem Tunnelsystem untergebracht ist, war sehr eindrucksvoll und gleichzeitig sehr bedrückend für mich. Da wird die Geschichte lebendig. Das nur 52 Tage andauernde deutsche Bombardement vom Herbst 1943 ist noch nicht vergessen. In einem Gespräch mit dem Sohn eines Auswanderers wurde deutlich dass die Deutschen Soldaten sich trotz prekärer Versorgungslage nicht räuberisch benommen haben. Dem Brief eines ehemaligen Deutschen verletzten und versorgten Fallschirmjägers von Ostfildern, konnte man die gegenseitige Wertschätzung der Kriegsparteien entnehmen.
Das Fischerfest in Panteli das immer am ersten Septemberwochenende (05.09.2015) stattfindet haben wir verpasst.
Gruß Inselliebhaber


Kommentar von Schalimara vom 10.09.2015 19:59:34

Hallo Peer,

auch wir sind 2012 eher zwangsweise auf Leros gewesen und waren angenehm überrascht. Da wir nicht unbedingte Sandstrandfans sind hat uns im Norden der Plefoútis Beach (hinter Parthéni ) gut gefallen. Hinter Alinda gibt es auch noch ein paar nette Strände.
Immerhin war der Böttig Reiseführer etwas informativer als der MM und in meinen Reiseberichten verrate ich auch nicht alle Geheimtipps ;-)
Leros ist auch nicht meine Lieblingsinsel, aber für ein paar Tage oder etwas länger kann man es gut aushalten. (lag auch an unseren total netten Vermietern :-)
Gruß Schalimara


Kommentar von kokkinos vrachos vom 09.09.2015 11:39:25

Hallo peer, endlich mal wieder ein längerer und informativer Artikel hier im Forum.

Auch wenn Leros nicht zu der Insel gehört die auf meiner Liste steht (mich hat bis jetzt auch die Geschichte und die karge Vegetation abgehalten) freue ich mich immer über Insel-Berichte und lese diese mit großem Interesse.

Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, das es auch mir einige Tage auf Leros gut gefallen würde. Ich denke das es auf Leros, die im Schatten von Samos, Patmos und Kos liegt- sehr ursprünglich zu geht. Auch weil sich europäische Touristen so gut wie gar nicht nach Leros verirren.

Hinzu kommt das magere Angebot an Reiseführern. Das es über einige Inseln kein Reiseführer oder nur ein Paar Seiten gibt, sört mich nicht. Im Gegenteil, ich begrüße es.

schöne Grüße aus Hamburg, kokkinos vrachos